So läuft´s!

Julia Schnizlein über viele helfende Menschen beim Marathon
Fremde jubeln Fremden zu. Menschen geben Durstigen zu trinken. Kinder rufen: „Du schaffst das“ und halten die Hände zum Abklatschen in die Höhe. Zufällig Vorbeikommende schenken Erschöpften ein aufmunterndes Lächeln, manche begleiten andere sogar ein Stück des Weges…
Wer heute in Wien unterwegs ist, kann eine Gesellschaft erleben, die sich von ihrer besten Seite zeigt. Eine Gesellschaft, in der Menschen an einem Strang ziehen, sich gegenseitig unterstützen und sich im wahrsten Sinn des Wortes Flügel verleihen.
Beim Vienna City Marathon versammeln sich bis zu 400.000 Zusehende entlang der Strecke, um Angehörige, Freunde und Fremde anzufeuern. In kaum einem anderen Sport haben die Zuseher einen so großen Einfluss auf die Leistung der Profi- und Freizeitsportler wie bei einem Marathonlauf. Es ist eine Symbiose aus Geben und Nehmen. Der Applaus stärkt die Läufer und setzt versteckte Kräfte frei, vor allem dann, wenn es hart wird.
Und umgekehrt erleben die Zuschauer, wie sie etwas beitragen können – auch ohne selbst sportlich aktiv zu werden. Sie sehen, wie ihr Zuspruch andere motiviert und beflügelt.
Ganz nach dem biblischen Motto „Die Letzten werden die Ersten sein“ melden sich manche Sportler sogar gezielt für die Rolle der Schlusslichter an. Die sogenannten Schlussläufer gehen bewusst als Letzte über die Ziellinie und sorgen dafür, dass niemand „Letzter“ sein muss. Auch die Langsamsten sollen eine Chance haben, das Ziel zu erreichen. Deshalb werden sie ermutigt, motiviert und begleitet – Schritt für Schritt. Weil jede und jeder zählt, unabhängig von ihrer Leistung.
Unterstützung macht den Unterschied, das wird beim Marathon deutlich. Was hier intuitiv geschieht, ist das, wozu uns der Apostel Paulus im Galaterbrief auffordert: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Das sind keine leeren Worte: Wir als Gesellschaft können das! Wir sind nicht allein unterwegs, und wir können uns unterstützen, ohne uns etwas zu vergeben!
Helfen und Hilfe annehmen, jede und jeder nach seinen Möglichkeiten – so funktionieren wir Menschen. Das wusste schon das Alte Testament, wenn es heißt: „Zwei sind besser als einer allein, … denn wenn sie hinfallen, richtet einer den anderen auf.“
An so einem Marathontag können wir hautnah erleben, wie es laufen soll.
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