Trauer um Gustav Reingrabner

Der ehemalige burgenländische Superintendent verstarb im 89. Lebensjahr
Eisenstadt (epdÖ) – Der langjährige Superintendent der Evangelischen Kirche im Burgenland, Gustav Reingrabner, ist in der Nacht auf Freitag, 14. Februar, im 89. Lebensjahr verstorben. Von 1975 bis 1994 stand Reingrabner als Superintendent an der Spitze der burgenländischen Diözese. Seine umfangreiche wissenschaftliche Tätigkeit widmete Gustav Reingrabner vor allem der Geschichte des österreichischen Protestantismus, dem evangelischen Kirchenrecht sowie kulturgeschichtlichen Themen. Das Begräbnis wird im engsten Kreis stattfinden. Zu einem späteren Zeitpunkt ist ein Gedenkgottesdienst geplant, kündigte die. Superintendentur an.
Die Evangelische Kirche in Österreich sei Gustav Reingrabner „zu großem Dank verpflichtet“, erklärt Bischof Michael Chalupka in einer ersten Reaktion. Reingrabner wusste, so der Bischof, „sein kirchliches Engagement mit wissenschaftlicher Brillanz zu verbinden“. Aus der kirchenrechtlichen und der historischen Forschung habe Reingrabner „immer wieder Befruchtendes zur Weiterentwicklung der Superintendenz Burgenland und der gesamten Evangelischen Kirche eingebracht“.
„Mit großer Betroffenheit habe ich vom Ableben von Prof. Gustav Reingrabner erfahren“, sagte der amtierende burgenländische Superintendent Robert Jonischkeit gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. „Als ich 1992 mein Theologiestudium in Wien begann, war er noch Superintendent im Burgenland. Auf einer meiner ersten Studienreisen machten wir Halt in der Superintendentur in Eisenstadt, um ihn zu besuchen. In den Folgejahren durfte ich als sein Student lernen, dass Kirchenrecht keine so trockene Materie ist, wie ich es befürchtet habe“, erinnert sich Jonischkeit. Reingrabner sei es immer gelungen, seine Vorlesungen mit humorvollen Praxisbeispielen zu bereichern. „Seit ich nun selbst Superintendent im Burgenland bin, konnte ich ihn ein paar Mal besuchen und habe sehr von seiner Erfahrung und seinem reichen Wissen profitiert. Er wird mir und uns allen fehlen“, unterstreicht der Superintendent.
„Öffentlichen Diskurs im Land mitbestimmt“
Obwohl der Fokus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit weit über das Burgenland hinausging, blieb Reingrabner, dessen Familie aus Zurndorf stammte und wo er auch bis zuletzt seinen Wohnort hatte, „immer dem Burgenland verbunden und pflegte über die Jahre viele persönliche Beziehungen“, so die burgenländische Superintendentialkuratorin Christa Grabenhofer. Als Superintendent habe Reingrabner auch den öffentlichen Diskurs im Land mitbestimmt. In der Fülle seiner Publikationen fand die Aufarbeitung der evangelischen Geschichte des Burgenlandes und vieler Pfarrgemeinden ebenso ihren Platz. Bildungsangelegenheiten und die Sicherung des Evangelischen Schulwerkes Oberschützen waren Reingrabner darüber hinaus „ein besonderes Anliegen als Superintendent“, hebt Grabenhofer hervor.
Über viele Jahre war Gustav Reingrabner auch Obmann des Evangelischen Presseverbandes, bis er 1998 diese Funktion an den damaligen niederösterreichischen Superintendenten Paul Weiland übergab. Der nunmehrige Obmann des Presseverbandes, der Kärntner Superintendent Manfred Sauer, spricht von einer „prägenden Persönlichkeit“ der Evangelischen Kirche. Reingrabners „Begeisterung und Überzeugungskraft“ sei ihm in lebhafter Erinnerung, betont Sauer, der im Burgenland aufgewachsen ist und Reingrabner als Superintendent erlebt hat. Mit seinem „enormen kirchenhistorischen Wissen, mit seiner Leidenschaft für unser reformatorisches Erbe, hat er auch als Obmann des Presseverbandes wichtige Weichen gestellt und nachhaltige Spuren in zahlreichen Publikationen hinterlassen“. Der gesamte Vorstand des Evangelischen Presseverbandes danke für sein Wirken. „Unsere Anteilnahme gilt der Familie und allen, die um ihn trauern. Wir wissen ihn in Gottes Hand und vertrauen auf Gottes Beistand und seine Verheißung“, schließt der Obmann des Presseverbandes.
Doskozil: Bleibende Spuren hinterlassen
Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zeigte sich tief betroffen über das Ableben des ehemaligen Superintendenten. „Gustav Reingrabner hat als Superintendent, Pfarrer und Lehrer bleibende Spuren hinterlassen. Er war eine prägende Persönlichkeit, die sich mit großem Engagement für das besondere Miteinander der Konfessionen im Burgenland eingesetzt hat“, würdigte Doskozil das Wirken Reingrabners in einer Aussendung.
Die Stellvertreterin des Landeshauptmanns, Anja Haider-Wallner, zeigte sich ebenfalls betroffen vom Tod des früheren Superintendenten. „Als geistlicher Würdenträger war er um das seelische Wohlbefinden seiner Mitmenschen bemüht und hat als Lehrender an Schulen Werte vermittelt, die gerade in Zeiten wie diesen unverzichtbar sind für ein harmonisches Miteinander. Ein tröstlicher Gedanke, dass somit sein Wirken fortdauern wird“, schreibt Haider-Wallner in einer schriftlichen Stellungnahme.
Schwarz: „Hat maßgeblich zum Ruf der Evangelisch-Theologischen Fakultät beigetragen“
In einem Nachruf für die Evangelisch-Theologische Fakultät Wien würdigt auch Ministerialrat Karl Schwarz, Kirchenhistoriker, Kirchenrechtler und früherer Referent für Evangelische Kirchen im Kultusamt, den Verstorbenen. Gustav Reingrabner habe „als Kirchenrechtler und als Kirchenhistoriker maßgeblich zum Ruf der Evangelisch-Theologischen Fakultät beigetragen“. Das Gedenken an sein Wirken, seine wissenschaftliche Kompetenz und an seine persönliche Ausstrahlung „wird uns eine selbstverständliche Verpflichtung sein”, schreibt Schwarz.
Zur Biografie von Gustav Reingrabner
Gustav Reingrabner wurde am 4. Oktober 1936 in Wien geboren. Nach dem Theologiestudium in Wien folgte ab 1960 das Vikariat in Wien-Gumpendorf und 1962 die Ordination in der Lutherischen Stadtkirche. 1963 trat Reingrabner die Pfarrstelle im burgenländischen Großpetersdorf an, daneben war er als burgenländischer Jugendpfarrer, Religionslehrer und Lehrbeauftragter tätig. 1975 wurde er in der Nachfolge von Hans Gamauf zum burgenländischen Superintendenten gewählt. Das Leitungsamt hatte er bis 1994 inne. 1988 folgte er Paul Pellar als Vizepräsident der gesamtösterreichischen Synode A.B. nach. Reingrabner, der sich 1986 habilitiert hatte, übernahm 1990 den Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Evangelisch-theologischen Fakultät in Wien, der er von 1996 bis 1999 auch als Dekan vorstand.
Reingrabner verfasste mehrere wissenschaftliche Bücher und gestaltete zahlreiche Ausstellungen. In seinem Werk finden sich viele Artikel zur kirchlichen Zeitgeschichte und zu aktuellen kirchlichen Themen. Insbesondere auch die niederösterreichische Reformationsgeschichtsforschung stand von Anfang an im Fokus seiner Forschungsarbeit.
Über viele Jahre war Gustav Reingrabner Obmann des Evangelischen Presseverbandes und von 1985 bis 1997 Chefredakteur der theologischen Zeitschrift „Amt und Gemeinde“. 1987 erhielt Gustav Reingrabner das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1994 wurde er mit dem Komturkreuz mit dem Stern, dem höchsten Ehrenzeichen des Landes Burgenland, ausgezeichnet, 1997 folgte der Große Kulturpreis des Landes Niederösterreich und 2002 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.