Villach: Kirchen und Politik gedenken bei ökumenischem Gottesdienst der Anschlagsopfer

 
von Evangelischer Pressedienst

Superintendent Sauer: „Gemeinsames Aufstehen gegen todbringende Ideologien“

Villach (epdÖ) – Mit einem Schweigemarsch und einem ökumenischen Gedenkgottesdienst haben am Dienstagabend, 18. Februar, in Villach das offizielle Österreich und die Glaubensgemeinschaften der Opfer des Messerangriffs vom vergangenen Samstagnachmittag gedacht. In dieser aktuell belastenden Situation dürfe Hass nicht die Herzen und die Hoffnung der Menschen vergiften, betonte Diözesanbischof Josef Marketz in seiner Predigt beim Gedenkgottesdienst in der Stadtpfarrkirche St. Jakob, den er gemeinsam mit Superintendent Manfred Sauer feierte. „Ohne Hoffnung kann kein Mensch überleben, auch keine Gesellschaft“, so die Worte des Bischofs.

Die Hoffnung gebe „angesichts der vielfältigen Zumutungen und Bedrängnisse unseres Lebens inneren Antrieb und langen Atem“, sagte der Bischof. Hoffnungslosigkeit hingegen führe zu Resignation, zunehmender Gereiztheit und Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Marketz richtete seine Worte vor allem an Jugendliche, die ihm durch ihre Offenheit und Neugierde Hoffnung schenkten. Auch Mut, gute Gespräche und „Menschen, die für eine Sache einstehen und couragiert handeln“ seien Quellen für tragende Hoffnung, sagte Marketz.

Zeichen der Hoffnung und Zuversicht

Seitens der Evangelischen Kirche sprach Superintendent Manfred Sauer der Trauergemeinde Trost zu. Er thematisierte die Finsternis, die vergangenen Samstag über die Stadt und die Gemüter der Menschen „hereingebrochen“ sei und das Licht, das sich schon in einer Kerze als Zeichen der Hoffnung und Zuversicht ausdrücke. Bezugnehmend auf das Johannesevangelium führte er aus, wie nah „Licht und Finsternis, Verblendung und Hellsichtigkeit“ beieinander liegen können. Das junge Licht und Leben des Opfers sei mit einem Messerstich „ausgelöscht“ worden, „wie man eine Kerze auslöscht“. Ein junger Syrer habe sich durch Hassprediger im Netz verblenden und verhetzen lassen. Ein anderer Mann aus Syrien wiederum habe mit Hellsichtigkeit und Zivilcourage den Attentäter gestoppt.

Sauer erinnerte an die Worte Jesu „Ich bin das Licht der Welt“ und „dass die Liebe stärker ist als jede Finsternis und der Tod nicht den Sieg behält“. Angesichts der Trauer, die sich über die Stadt gelegt habe, sagte der Superintendent: „Es lichten sich die dunklen Schleier unseres Schmerzes, wenn eine ganze Stadt mittrauert, wenn andere Menschen beistehen, da sind, Hände halten, in den Arm nehmen, trösten, vielleicht nur schweigend eine Kerze entzünden.“

Die Trauer und der Schmerz nach dem Messeranschlag „werden uns noch länger begleiten“, gab Sauer zu Bedenken. „Aber wir vertrauen auf Gott und die Worte der Bibel, dass die Liebe stärker ist als jede Finsternis und der Tod nicht den Sieg behält.“ Zudem „glauben wir an die Auferstehung und an ein gemeinsames Aufstehen gegen alle todbringenden Ideologien“.

Wut darf nicht Handlungsmaxime werden

Auch politische Vertreter ergriffen am Ende des Gottesdienstes das Wort. Bundeskanzler Alexander Schallenberg rief dazu auf, „gemeinsam dem Netzwerk des Terrors ein starkes Netzwerk der Wehrhaftigkeit und der Sicherheit entgegenzusetzen“. Der Regierungschef bekundete sein Beileid gegenüber der Familie des 14-jährigen Opfers, das bei dem Terroranschlag „so brutal, so sinnlos“ ermordet worden sei. Dass der islamistische Extremismus erneut „seine hässliche Fratze gezeigt“ habe, mache traurig und wütend, dennoch dürfe Wut nicht zur „Maxime unseres Handelns werden“, betonte der Bundeskanzler.

Weiters rief Schallenberg zu einem gemeinsamen couragierten Eintreten „für unsere Werte, für den Pluralismus und für die Freiheit“ auf. In diesem Zusammenhang dankte der Kanzler den Helfern nach dem Anschlag vor Ort „und ganz besonders dem syrischen Passanten, der Zivilcourage und Mut gezeigt und nicht gezögert hat, die barbarische Tat zu stoppen“. Er habe damit vermutlich weitere Opfer verhindert.

Worte könnten nicht fassen, welchen Schmerz die Hinterbliebenen derzeit erleben müssen, bekannte der Villacher Bürgermeister Günther Albel. Der „feige“ Anschlag hätte Villach in eine „dunkle Wolke voll Trauer gehüllt“ und den Villachern ihre Sicherheit, ihre Leichtigkeit und ihr „Leilei-Gefühl“ genommen, so der Politiker. Die Antwort auf ein solches schreckliches Attentat dürfe nicht Angst oder Hass sein, sondern Liebe und Zusammenhalt.

Auch der Villacher Imam Esad Memi und weitere Vertreterinnen und Vertreter der Islamischen Religionsgemeinde Kärnten haben an der offiziellen Trauerveranstaltung in Villach teilgenommen, „um die Solidarität und das Mitgefühl der muslimischen Gemeinschaft zu unterstreichen“, wie es seitens der IGGÖ am Dienstag hieß. Zum Abschluss des Gottesdienstes wurde das ökumenische Lied „Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen“ angestimmt.

Gedenkmarsch und Kranzniederlegung

Dem Gottesdienst ging ein Gedenkmarsch um 18 Uhr voraus, der mit den Glocken aller christlichen Pfarrgemeinden rund um Villach eingeläutet wurde. Der Weg führte über die für den Verkehr gesperrte Stadtbrücke vorbei an der Stelle des Anschlags. Am eingerichteten Gedenkplatz an der Stadtbrücke hatten Trauernde die Möglichkeit, ihre Kerzen und Blumen abzulegen. Auch Bundeskanzler Schallenberg, Landeshauptmann Kaiser und Bürgermeister Albel legten dort einen Kranz nieder.

Offene Kirchen und seelsorgerliche Angebote

Die evangelische Pfarrgemeinde Villach-Stadtpark hält ihre Kirche in dieser Woche bis in die späten Abendstunden geöffnet, betont Pfarrer Thomas Körner. Dort ist ein Trauertisch angerichtet, um Kerzen für die Opfer anzuzünden und Fürbitten aufzuschreiben. „Das Angebot wurde bereits gut angenommen“, so Körner, der Trauernden auf Anfrage seelsorgerisch zur Seite steht. In der Stadtpfarrkirche St. Jakob wird in den täglichen Frühmessen um 9 Uhr den Opfern gedacht. Zudem sind vor allem nachmittags Priester in der Kirche vor Ort, um Trauernden eine Gesprächsmöglichkeit zu bieten. Auch ein Kondolenzbuch liegt auf.

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