Eisenstadt: Abschied von Gustav Reingrabner

 
von Evangelischer Pressedienst

Gedenkgottesdienst für den ehemaligen Superintendenten, Kirchenrechtler und Kirchenhistoriker

Eisenstadt (epdÖ) – Mit einem Gedenkgottesdienst hat die Evangelische Kirche von Gustav Reingrabner, dem ehemaligen Superintendenten der Diözese Burgenland,  Abschied genommen. „Wir blicken dankbar zurück auf die Zeit, in der Gustav Reingrabner mit ganz viel Herzblut und Einsatz für die Menschen im Burgenland und für die ganze Evangelische Kirche gewirkt hat“, sagte Superintendent Robert Jonischkeit beim Gottesdienst am Samstag, 5. April,  in der Eisenstädter evangelischen Kirche, den er gemeinsam mit der Lektorin und Fachinspektorin Andrea Postmann liturgisch gestaltete. Der langjährige Superintendent (1975-1995), Kirchenrechtler und Kirchenhistoriker, war am 14. Februar im 89. Lebensjahr verstorben. Gekommen waren zu dem Gottesdienst Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Repräsentantinnen und Repräsentanten der Evangelischen Kirche und aus der Ökumene.

Bischof Chalupka: „Hat im Amt der Verkündigung Gott in die Mitte gestellt“

Bischof Chalupka bei seiner Predigt: „Reingrabners stattliches Werk füllt Bibliotheken“. (Foto: epd/T.Dasek)

„Wir gedenken dieses reichen Lebens als Pfarrer, Superintendent, Universitätsprofessor und Dekan der Evangelisch-theologischen Fakultät, und bringen es vor Gott und vergessen nicht, dass dieses Leben auch ein Leben als Sohn und Ehemann und sorgender Vater gewesen ist. Ein Leben in Fülle, oft in Überfülle, mit allen Aspekten des Menschseins“, sagte Bischof Michael Chalupka in seiner Predigt. Das Vergangene könne aus verschiedenen Blickwinkel beleuchtet werden, „mit Bewunderung über das stattliche Werk Gustav Reingrabners, das Bibliotheken füllt, mit Staunen über vieles, über viel Gelungenes, mit einer gewissen Resignation über das, was nicht gelang, als Kirche mit Scham auf die vielen Verwundungen, die ihm in seinem Dienst zugefügt wurden, oder aber mit Freude über gemeinsam Erlebtes“.

„Im Amt der Verkündigung Gott in die Mitte zu stellen, das ist der Cantus Firmus der evangelischen Existenz Gustav Reingrabners“, führte der Bischof weiter aus. Darin bestehe „der innerste Grund, warum sich Gustav Reingrabner jede Würdigung seiner Person verbeten hat“. Des Evangeliums geschämt habe sich Gustav Reingrabner wohl nie, meinte der Bischof, „gelitten für das Evangelium hat er mit Sicherheit, nicht zuletzt an seiner Kirche, vor allem aber hat er das Evangelium und seinen Dienst dafür als Kraft Gottes erlebt“.

Fischer: „Breites und detailliertes Wissen“

Ministerialrat Martin Fischer über Gustav Reingrabner: „Hat historische Sachverhalte verständlich und spannend vermittelt“. (Foto: epd/T.Dasek)

Martin Fischer, der Leiter des Referates für die Angelegenheiten der Evangelischen Kirche im Kultusamt des Bundeskanzleramtes, zeichnete beim Gottesdienst die umfangreiche Biografie Gustav Reingrabners nach, der mit 39 in das Amt des Superintendenten gewählt wurde. Dabei ging Fischer, dessen Familie eng mit dem früheren Superintendenten verbunden war, auch auf die persönliche Seite Reingrabners ein.

„Gleichwohl er – wie berichtet wird – keinen Widerspruch aus seiner Pfarrerschaft duldete, war er seinen Pfarrern und Pfarrerinnen gegenüber sehr kollegial und zeigte auch große soziale Empathie“, erinnerte Fischer. Reingrabner habe über ein „ebenso breites wie detailliertes Wissen“ verfügt, „so mancher Anruf konnte in eine spontane Privatvorlesung münden“. Reingrabner vermochte dabei die geschichtlichen Grundlagen des österreichischen Religionsrechts und die innerkirchliche Ordnung den Studierenden „sehr anschaulich nahezubringen“ und historische Sachverhalte „auch für Laien verständlich und spannend zu vermitteln“.

Gegenüber der Kirchenleitung, so Fischer, behielt Reingrabner ebenso eine kritische Haltung wie gegenüber den Entwicklungen auf dem Gebiet der Ökumene, mit der er sich schwertat. Getroffen habe ihn sicherlich die Entwicklung an der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Nach seiner Emeritierung 2005 wurde das Institut für Kirchenrecht aufgehoben und ohne weitere Kenntlichmachung dem „Institut für Praktische Theologie und Religionspsychologie“ zugeordnet. Dazu kamen familiäre Schicksalsschläge und gesundheitliche Beeinträchtigungen. „Doch gerade zuletzt zeigte er sich voller Tatendrang und sprach davon, wieder Predigten schreiben zu wollen sowie eine historische Abhandlung zu einem burgenländischen Thema zu verfassen“, doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Zur Biografie von Gustav Reingrabner

Gustav Reingrabner wurde am 4. Oktober 1936 in Wien geboren. Nach dem Theologiestudium in Wien folgte ab 1960 das Vikariat in Wien-Gumpendorf und 1962 die Ordination in der Lutherischen Stadtkirche. 1963 trat Reingrabner die Pfarrstelle im burgenländischen Großpetersdorf an, daneben war er als burgenländischer Jugendpfarrer, Religionslehrer und Lehrbeauftragter tätig. 1975 wurde er in der Nachfolge von Hans Gamauf zum burgenländischen Superintendenten gewählt. Das Leitungsamt hatte er bis 1994 inne. 1988 folgte er Paul Pellar als Vizepräsident der gesamtösterreichischen Synode A.B. nach. Reingrabner, der sich 1986 habilitiert hatte, übernahm 1990 den Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Evangelisch-theologischen Fakultät in Wien, der er von 1996 bis 1999 auch als Dekan vorstand.

Reingrabner verfasste mehrere wissenschaftliche Bücher und gestaltete zahlreiche Ausstellungen. In seinem Werk finden sich viele Artikel zur kirchlichen Zeitgeschichte und zu aktuellen kirchlichen Themen. Insbesondere auch die niederösterreichische Reformationsgeschichtsforschung stand von Anfang an im Fokus seiner Forschungsarbeit.

Über viele Jahre war Gustav Reingrabner Obmann des Evangelischen Presseverbandes und von 1985 bis 1997 Chefredakteur der theologischen Zeitschrift „Amt und Gemeinde“. 1987 erhielt Gustav Reingrabner das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1994 wurde er mit dem Komturkreuz mit dem Stern, dem höchsten Ehrenzeichen des Landes Burgenland, ausgezeichnet, 1997 folgte der Große Kulturpreis des Landes Niederösterreich und 2002 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

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