Integration: Diakonie fordert Offensive bei Deutschkursen

Migrationsexpertin Kohlenberger und Diakonie-Direktorin Moser präsentierten Lösungsansätze wie flächendeckenden Zugang zu Deutschkursen
Wien (epdÖ) – „Sprache ist der Schlüssel zur Integration“, sagte die Migrationsexpertin Judith Kohlenberger am 16. Juni bei einer Pressekonferenz der Diakonie in Wien. „Das sehen auch viele Geflüchtete so, wie unsere Studien zeigen“, fügte Kohlenberger hinzu.
Unter dem Motto „Integration durch Deutsch – ja, aber richtig“ zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni kritisierten Kohlenberger und die Diakonie bestehende Defizite im aktuellen System und zeigten Lösungsmöglichkeiten für Bildungs-, Integrations- und Arbeitsmarktpolitik auf.
„Das Deutschlernen ist aber für viele von ihnen, vor allem die Erwachsenen, sehr herausfordernd, weil es an Systemwissen, Basisbildung und psychischer wie auch sozialer Stabilität fehlt“, erklärte Kohlenberger. Zielführend seien Anreize und der Abbau von Barrieren, ein Fördern und Fordern in guter Balance. Denn „jene, die Kurse nicht bestehen oder abbrechen, noch zusätzlich zu bestrafen, wird aber kaum zu besserer oder schnellerer Integration beitragen“, zeigte sich Kohlenberger überzeugt.
„In vielen Regionen, besonders im ländlichen Raum, fehlen Kursmöglichkeiten auf dem jeweils benötigten Sprachniveau. Dazu kommen praktische Probleme wie lange Anreisen, nicht leistbare Fahrtkosten, keine Kinderbetreuung, fehlende Informationen über passende Kurse, Kursstarts oder Einstufungstests“, betonte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Im Schulbereich müsse das Konzept der Deutschförderklassen „als gescheitert betrachtet“ werden. „Die, die weniger Deutschkenntnisse haben, sollen miteinander lernen. Das heißt aber, dass ihnen Sprachvorbilder fehlen“, hielt Moser fest.
Zum Erwerb von Deutschkenntnissen helfe nach Ansicht der Pädagogin Maria Köck die frühe Unterstützung in Form von mehrsprachig geschultem Personal und kleineren Gruppen in Kindergärten und Schulen. „Das verhindert später auch Kosten durch fehlende Basiskompetenzen und mangelhafte Bildungsabschlüsse“, bekräftigte die Diakonie-Expertin für Inklusion und Integration in den frühen Lernjahren in Kindergarten und Volksschule. „Sprachlernen geschieht über Beziehung, Sprachvorbilder und praktische Übung. Es braucht Ermutigung und spielerische Erfahrungen“, so Köck.
Die Diakonie fordert demnach eine Qualitäts- und Effektivitätsoffensive bei Deutschkursen, d.h. einen raschen, flächendeckenden Zugang zu Deutschkursen auf passendem Niveau und in guter Qualität mit ausreichend Zeit und stabilen Lehrpersonen. Auch die Verschränkung von Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration durch Deutschkurse mit fachspezifischen Inhalten und Vokabular in Mangelberufen wie beispielsweise Pflege zählt zu den Forderungen der Diakonie, wie Moser erklärte. Darüber hinaus sollen in die Ausbildung integrierter Unterricht sowie Mehrsprachigkeit gefördert werden. Überdies fordert das Sozialwerk der Evangelischen Kirchen die sofortige Umsetzung des Chancenindex für benachteiligte Schulstandorte. Schließlich seien nach Ansicht der Diakonie Elternarbeit und Bildungspartnerschaften an allen Volksschulen in Österreich erforderlich.