Wien: „Lichter der Hoffnung“ beim Gedenkgottesdienst im Stephansdom

Interreligiöse Feier mit Spitzen der Kirchen, Religionen und Politik
Wien (epdÖ) – Mit einem Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom hat das offizielle Österreich am Donnerstagabend, 12. Juni, zum Ende der dreitägigen Staatstrauer der Opfer des Amoklaufes in Graz gedacht. In christlicher Gastgeberschaft fand der Gottesdienst mit Vertretern der Kirchen und Religionsgemeinschaften statt. Erzbischof Franz Lackner, der Vorsitzende der römisch-katholischen Bischofskonferenz, feierte den Gottesdienst gemeinsam mit dem evangelisch-lutherischen Bischof Michael Chalupka, dem Grazer römisch-katholischen Bischof Wilhelm Krautwaschl, dem orthodoxen Metropolit Arsenios Kardamakis sowie dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Ümit Vural. Seitens der Evangelischen Kirchen nahmen auch der steirische Superintendent Wolfgang Rehner, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld und der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs teil. Repräsentanten des offiziellen Österreichs waren Bundespräsident Alexander Van der Bellen und die gesamte Bundesregierung mit Bundeskanzler Christian Stocker, Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger an der Spitze.
Die Wunden, die die schrecklichen Ereignisse bei Freunden, Lehrern und Mitmenschen aufgerissen haben, blieben auch nach Ende der Staatstrauer, sagte der Wiener Apostolische Administrator Josef Grünwidl in seiner Begrüßung. Gott sei aber da, „um in unsere Dunkelheit ein Licht der Hoffnung zu bringen“. Wenn Menschen leiden, „dann ist Gott im Leiden“, bekräftigte Grünwidl.
Für die Opfer des Amoklaufs wurden zehn auf Schulsesseln aufgestellte weiße Kerzen von Schülerinnen und Schülern sowie von Vertretern des Staates und der Religionsgemeinschaften entzündet: von Bundespräsident Van der Bellen, Bundeskanzler Stocker, Bildungsminister Christoph Wiederkehr sowie von Bischof Krautwaschl, Metropolit Arsenios, Bischof Chalupka und Präsident Vural. Administrator Grünwidl stellte im Anschluss eine weitere brennende Kerze für den Täter zu Füßen der Stühle auf.
„Wir sind zusammengekommen, um zu beten, unsere Herzen zu Gott zu erheben. Es ist eine Zeit des Klagens gekommen, jedoch nicht ohne Zuspruch und Hoffnung“, sagte Erzbischof Lackner in seiner Schriftdeutung. Im Hinblick auf die Worte der Schriftlesung „Einer trage des anderen Last!“ bemerkte Lackner, dass in Österreich in der Trauerzeit ein merkliches Zusammenrücken stattgefunden habe. „Wir haben eine gemeinsame Aufgabe und Verantwortung für das Gelingen von Leben neu gespürt“, hob der Erzbischof hervor. Jetzt gehe es darum, „im Antlitz des anderen den Bruder, die Schwester und nicht den Feind zu sehen“.
Hilflosigkeit und Schmerz hinterlassen ein Gefühl der Wehrlosigkeit. Bischof Chalupa beim Entzünden der Kerze im Stephansdom. (Foto: ED Wien / Stephan Schönlaub)
Christliche Gebete und Rezitation aus dem Koran
Bischof Chalupka nahm in einem Gebet Bezug auf die vor dem Volksaltar des Domes aufgestellten Sessel, die fortan „immer leer“ bleiben würden. Die Hilflosigkeit und der Schmerz würden ein Gefühl der Wehrlosigkeit hinterlassen. Dennoch möge Gott „die Antwort auf alle Fragen“ sowie „Licht in unseren Dunkelheiten“ sein.
Imam Ermin Sehic rezitierte Verse aus dem Koran, in denen die Hoffnung auf ewiges Leben bei Gott zum Ausdruck kommt.
In seinen abschließenden Worten rief Administrator Grünwidl dazu auf, „nach Vorne zu schauen und aufeinander zu schauen“. Mehr denn je gelte es, „aufmerksam und wach“ zu leben und „das Wir über das Ich zu stellen, das Gespräch nie abreißen zu lassen und still zu hoffen, dass das Gute siegt“.