Ohne Macht

Michael Chalupka erinnert zum Palmsonntag an den oft missverstandenen Jesus
Wir haben ein Problem. Am Palmsonntag wird es deutlich. Die Herrscher dieser Welt jenseits und diesseits des Atlantiks werden in ihre jeweiligen Kirchen gehen. Im Osten wie im Westen. Sowohl der Kriegsherr Putin gibt sich als guter Christ, als auch Donald Trump und seine christliche Koalition. Sie lassen für sich beten und predigen ein nationalistisches Christentum der Macht.
Am Palmsonntag denken wir an den Einzug Jesu in Jerusalem. Schon damals wurde er missverstanden. Hochgejubelt haben sie ihn, ihre Kleider und Palmzweige in Ehrerbietung auf den Boden geworfen. Als Jesus, der kleine Rabbi aus der Provinz, in die Hauptstadt Jerusalem gekommen ist, da war er auf einmal ein Star. Die Einwohner Jerusalems sahen in ihm den jungen Politiker, der endlich die Besatzungsmacht davontreiben würde.
Sie hatten sich getäuscht, und ihre Enttäuschung schlug um in Wut und Verzweiflung, dass er sich nicht ihren Erwartungen und Ansprüchen gebeugt hat. Doch hätten die Bewohner von Jerusalem nicht nur ihren Erwartungen vertraut, sondern den Mann, der da in die Stadt einzog, genauer betrachtet, sie hätten gesehen, dass er kein Mann der Gewalt ist. Er, auf seiner Eselin, unbewaffnet ohne Leibwache, begleitet von ein paar zerlumpten Gesellen. Sie hätten gesehen, dass da einer kommt, der ein Reich des Friedens und der Gewaltlosigkeit will und sich nicht eignet als Leitfigur für Autokraten.