Farhat-Naser: „Wir brauchen dringend Demokratie in Palästina“

Friedensaktivistin sprach in Wien über die Voraussetzungen für Frieden im Nahen Osten
Wien (epdÖ) – „Ich glaube an Frieden, wir müssen es wollen – beide Seiten“, sagte die palästinensische Friedenspädagogin und Autorin Sumaya Farhat-Naser bei einem Vortrag am 9. Oktober im Albert Schweitzer Haus in Wien-Alsergrund. „Es muss die Grundlage für Frieden sowie auch für demokratische Strukturen in den palästinensischen Gebieten geschaffen werden“, betonte Farhat-Naser bei der unter dem Titel „Trotz Gewalt und Unrecht den Frieden suchen“ stehenden Veranstaltung mit Frage- und Diskussionsmöglichkeit für das Publikum.
„Wir brauchen dringend Demokratie in Palästina“, unterstrich die mehrfach international ausgezeichnete Friedensaktivistin zwei Jahre nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Beginn des Krieges im Nahen Osten. Dazu müssten vielerorts qualifizierte Menschen bestärkt und ermächtigt werden, etwa bei der Vermittlung demokratischer Rechte und politischer Arbeit sowie der Einrichtung von Dorfräten.
„Frieden und Gerechtigkeit gehören zusammen“, sagte Viola Bishara Mitri Al Raheb, die die Veranstaltung moderierte. Zu den größten Herausforderungen zählten dabei die Fragen: „Wie sollen wir umgehen mit den Traumata der letzten beiden Jahre, und wo finden wir die Kraft, unseren Leuten wieder zu helfen, aufzustehen, die Wunden zu spüren, und uns schließlich in der Lage zu sehen, einen Schritt weiterzugehen?“ so die palästinensische Friedensaktivistin und evangelische Theologin.
Notwendig sei Farhat-Naser zufolge auch, über Gewalt zu sprechen, die in Israel und den palästinensischen Gebieten erlebt werde. Es brauche eine gegenseitige „Anerkennung des Leidens“, denn: „Beide Seiten sind Opfer und vom Krieg traumatisiert“, bekräftigte Farhat-Naser, die sich seit Jahrzehnten gewaltfrei und dialogisch in der Region für Frieden einsetzt. Die Situation in Palästina und Israel sei ihrer Einschätzung zufolge derzeit „katastrophal und bedrohlich wie nie zuvor“, so Farhat-Naser. Zudem hofft sie auf „Solidarität“ seitens der europäischen Länder mit den vom Krieg betroffenen Menschen.
Sumaya Farhat-Naser wurde 1948 in Palästina, Birzeit bei Ramallah, geboren. Sie studierte Biologie, Geographie und Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Ab 1982 war sie Dozentin für Botanik und Ökologie an der Universität Birzeit in Palästina. Farhat-Naser ist Mitbegründerin und Mitglied zahlreicher Organisationen, u.a. von Women Waging Peace an der Harvard University und Global Fund for Women in San Francisco. 1995 wurde sie mit dem Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte, 1997 mit dem Evangelischen Buchpreis des Deutschen Verbands Evangelischer Büchereien sowie dem Versöhnungspreis Mount Zion Award in Jerusalem ausgezeichnet.