Glaubensbilder

Michael Chalupka über eine Einladung zum Glauben
Von der Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 gibt es ein bekanntes Bild. Das Bild hat nur ein Problem: Es entspricht nicht der Realität. Manche Personen stehen an einem anderen Ort, als sie gestanden haben. Andere, die gerade nicht anwesend gewesen sind, wurden hinzugefügt. So versäumte der Präsidialchef Eduard Chaloupka die Unterzeichnung. Aber er sorgte dafür, dass er auf dem offiziellen Gemälde des Staatsakts direkt hinter dem Kanzler im Sonnenlicht glänzt. Man würde ihm Unrecht tun, wenn man diesen Umstand seiner Eitelkeit zuschreiben würde. Eduard Chaloupka, das wissen wir von zahlreichen Fotos, war zugegen und hat im Hintergrund akribisch gearbeitet. Es entspricht also der Wahrheit, dass er Wesentliches beigetragen hat.
In früheren Zeiten war es normal, dass bedeutende Persönlichkeiten in Gemälden in einen Kontext gestellt wurden, der nicht der Realität entsprochen hat, aber Glaubenswahrheiten ausgedrückt hat. So sehen wir auf einem Gemälde der Kreuzigung Jesu (1555) neben dem Kreuz Martin Luther abgebildet. Das ganze Bild ist eine evangelische Glaubenslehre in Bildform, eine Einladung zum Glauben an Jesus Christus allein.
Das Bild vom Staatsvertrag kann man auch als Auslegung des Satzes von Leopold Figl „Glaubt an dieses Österreich!“ sehen. Dann ist es nur richtig, dass seinem engsten Berater ein Platz an der Sonne vergönnt war.