Schönborn als Wiener Erzbischof verabschiedet
Van der Bellen: „Pontifex austriacus“ – Abschied im Zeichen des Dankes
Wien (epdÖ) – Im Beisein der Spitzen von Staat, Kirchen und Religionen hat angesichts der nahenden Emeritierung rund um seinen 80. Geburtstag Kardinal Christoph Schönborn am 18. Jänner im Wiener Stephansdom den Dankgottesdienst der Erzdiözese Wien gefeiert.
In seiner Predigt richtete der Kardinal „einen dankbaren Blick auf unser Land, auf Österreich“, aber auch auf die „tieferen Quellen der Hoffnung“ anhand der biblischen Texte der Feier. „Ohne das gute, gelebte Miteinander hätte ich nie meinen Dienst tun, mein Amt aktiv ausüben können, aus dem ich mich nun bald verabschiede“, sagte der Kardinal rückblickend auf seine knapp 30 Jahre als Wiener Erzbischof.
Dabei plädierte der Kardinal eindringlich für ein „Gelingen des gesellschaftlichen Miteinanders von Eingesessenen und Dazugekommenen“, das „entscheidend für unsere Zukunft“ sei. Auf seine persönliche Lebensgeschichte als Flüchtlingskind verweisend, sagte der Kardinal: „Ein Herz für Flüchtlinge zu haben, gehört zur Menschlichkeit. Es kann auch unser Schicksal werden.“ Und an anderer Stelle betonte der Wiener Erzbischof: „Mitgefühl ist das, was erst eine Gesellschaft menschlich macht. Unbarmherzigkeit vergiftet die Gesellschaft und uns selbst.“ Am Ende der Predigt sagte der Kardinal eindringlich: „Mein größter Wunsch: Das gegenseitige Wohlwollen soll nie verloren gehen, auch wenn wir Konflikte haben.“
Gutes Miteinander der Religionen
Der Wiener Erzbischof rief zu Dankbarkeit auf, „dass wir in Frieden leben dürfen. Es ist keine Selbstverständlichkeit.“ In einem weiteren Teil der Predigt betonte er: „Dankbar bin ich, dass in Österreich ein so gutes Miteinander der Religionen herrscht. Auch das ist nicht selbstverständlich.“ Es sei die Frucht ständigen Bemühens um gegenseitige Achtung und Wertschätzung. „Es ist auch das Ergebnis einer außerordentlich guten Religionsgesetzgebung“, so Schönborn.
Ökumenisches Taufgedächtnis
Der Gottesdienst begann mit einem ökumenischen Taufgedächtnis am gläsernen Taufbecken in der Mitte des Domes. Führende Persönlichkeiten aus 16 Kirchen in Österreich, darunter der evangelische Bischof Michael Chalupka, die altkatholische Bischöfin Maria Kubin, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios Kardamakis, der armenisch-apostolische Bischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRKÖ), Tiran Petrosyan, erneuerten gemeinsam mit dem Wiener Erzbischof ihr Taufversprechen.
In seiner Ansprache bezeichnete Bundespräsident Alexander Van der Bellen den bald 80-jährigen Kardinal als „Pontifex austriacus“ und löste damit spontanen Applaus aus. Van der Bellen wörtlich: „Sie sind ein Mann des Zuhörens, ein Mann des Dialogs, ein Mann des Friedens.“ Das rund 30-jährige Wirken Schönborns als Wiener Erzbischof sei eine „beeindruckende Zeitspanne“, sagte der Bundespräsident und hob das gute Verhältnis zwischen Staat und Kirche hervor. „Wann immer nötig, standen Sie auf Seite der Schwachen, der Ausgegrenzten, der Benachteiligten. Nicht immer zur Freude der politisch Mächtigen“, so Van der Bellen. Außerdem sei es keine Selbstverständlichkeit, dass er als Bundespräsident und dazu noch Protestant beim Abschiedsgottesdienst Schönborns sprechen dürfe.
Insgesamt feierten über 4.000 Menschen – darunter die Spitzen von Staat und Kirchen – den Dankgottesdienst mit Kardinal Schönborn im Stephansdom, der Jesuitenkirche und der Dominikanerkirche mit. Neben Chalupka und Kubin haben auch der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, die methodistische Pastorin Esther Handschin, der russisch-orthodoxe Bischof Aleksij Zanochkin, der koptisch-orthodoxe Bischof Anba Gabriel, der syrisch-orthodoxe Erzbischof Dionysios Isa Gürbüz, der bulgarisch-orthodoxe Erzpriester Ivan Petkin und der anglikanische Kanonikus Patrick Curran die Ökumene vertreten. Vonseiten der Religionsgemeinschaften nahm u.a. Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, teil.
Der ORF übertrug die rund zweistündige Messe aus dem Wiener Stephansdom live in ORF 2 und auf ORF ON. Eingebettet war die Übertragung in die Live-Sendung „Kardinal Christoph Schönborn – Ende einer Ära“.