Kirchenvertreter: Mehr Unterstützung für Friedensinitiativen in Israel

 
von Evangelischer Pressedienst

ÖRKÖ-Delegation traf einheimische Christen und jüdische Friedensaktivisten

Jerusalem (epdÖ) – Initiativen, die sich für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern in Israel einsetzen, benötigen dringend mehr Unterstützung aus dem Westen. Das ist ein wesentlicher Tenor zahlreicher Begegnungen und Gespräche, die eine hochrangige Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) dieser Tage in Israel bestreitet. Solidarität mit den Christen im Heiligen Land könnten die Christen im Westen vor allem dadurch zeigen, indem sie wieder als Pilger ins Land kommen, denn die Heiligen Stätten könnten gefahrlos besichtigt werden, teilte der ÖRKÖ am 14. Februar mit.

Der ÖRKÖ-Delegation gehören der armenisch-apostolische Bischof und ÖRKÖ-Vorsitzende Tiran Petrosyan, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der katholische Linzer Bischof Manfred Scheuer sowie der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura an. Der Besuch der Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich dient der Begegnung mit den christlichen Gemeinschaften vor Ort und Personen jeglicher Religionszugehörigkeit bzw. Vertretern von Organisationen und Institutionen, die sich für Frieden und Versöhnung in Israel einsetzen.

Die Gesprächspartner hätten bei den Begegnungen die Gaza-Pläne von US-Präsident Donald Trump kategorisch abgelehnt bzw. für gänzlich unrealistisch gehalten, hieß es vonseiten des ÖRKÖ. Eine Räumung des Gazastreifens komme für die Palästinenser nicht infrage. Die Palästinenser wollten ihr Land nicht verlassen, nicht nochmals vertrieben werden, hätten es mehrere Gesprächspartner auf den Punkt gebracht.

Die ÖRKÖ-Delegation traf in Jerusalem u.a. die jüdische Friedensaktivistin Yisca Harani, welche die Organisation „Religious Freedom Data Center“ gegründet hat. Ein Team von Freiwilligen dieser Organisation betreibt eine Online-Hotline und sammelt Fälle von Spuckattacken, verbalen Attacken gegen Christen sowie von Vandalismus gegen christliche Einrichtungen. Allein von Oktober bis Dezember 2024 waren 31 Fälle bekannt geworden, wobei die Dunkelziffer „freilich zehnmal höher“ liege, zeigte sich Harani überzeugt. „Die israelische Öffentlichkeit muss aufwachen. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem das normal ist. Und ich möchte auch nicht, dass meine Kinder und meine Enkel in einem solchen Land leben müssen“, sagte Harani. Von Spuckattacken besonders betroffen seien die Geistlichen im Armenischen Viertel in Jerusalem. Durch dieses Viertel führt der Weg vieler Juden zur Klagemauer. Wenn die Armenier eine Prozession durch die Straßen abhalten, gingen oft Freiwillige des „Religious Freedom Data Center“ mit, so Harani. Mit ihren markanten gelben Westen würden sie den Christen etwas Schutz bieten.

Im israelischen Schulunterricht werde das Thema Christentum ausschließlich in negativen historischen Zusammenhängen behandelt, erläuterte die israelische Religionswissenschaftlerin. Darin liege ein Grund für die ablehnende Haltung zahlreicher Israelis gegenüber den Christen. Demnach sei es kein Wunder, dass viele die Christen als Fremdkörper wahrnehmen würden.

In Betlehem war die ÖRKÖ-Delegation u.a. in der Dar al-Kalima Universität zu Besuch. Mitri Raheb, der evangelische Geistliche und Leiter der Kunstuniversität, bezeichnete sie als ein „Haus der Hoffnung“. Mit Kunst und Kultur könne man „die Herzen und Köpfe der Menschen erreichen“, um die Gesellschaft zum Besseren zu verändern, zeigte sich Raheb überzeugt. Die Universität in Bethlehem zählt rund 550 Studierende, davon sind zwei Drittel Frauen und drei Viertel Muslime. Neben Bethlehem gibt es noch einen zweiten Standort in Gaza mit 650 Studierenden. Allerdings wurde diese Universität im Krieg völlig zerstört, wobei einige Studenten in Gaza auch ums Leben kamen.

Die Delegation traf am 13. Februar in Jerusalem auch mit dem örtlichen Verantwortlichen des EAPPI-Programms, Jusef Daher, zusammen. Spätestens seit dem 7. Oktober 2023 wurde die Arbeit aber immer schwieriger bis zeitweise auch unmöglich, berichtete Daher. Das Programm musste in den vergangenen eineinhalb Jahren zurückgefahren werden, Freiwillige sind aber beispielsweise aktuell in Jerusalem, Bethlehem oder Jericho im Einsatz. Früher seien die Freiwilligen durch ihre markanten EAPPI-Westen aufgefallen. Inzwischen dürften die Freiwilligen die Westen aus Sicherheitsgründen nicht mehr tragen, so Daher.

Bereits seit vielen Jahren unterstützt der ÖRKÖ das „Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel“ (EAPPI) des Weltkirchenrates. Freiwillige aus aller Welt setzen sich vor Ort für ein Ende der Gewalt und ein friedliches Zusammenleben von Palästinensern und Israelis ein. Die EAPPI-Freiwilligen begleiten beispielsweise palästinensische Kinder auf dem Weg zur Schule, sie begleiten Berufstätige auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz oder Betende auf dem Weg in die Moschee. Darüber hinaus sind sie an den Checkpoints präsent, an denen die Palästinenser nach Israel einreisen müssen. Die EAPPI-Mitarbeiter beobachten und dokumentieren Vorfälle, sind sonst nicht aktiv. Bereits die Präsenz vor Ort wirke laut ÖRKÖ oft deeskalierend.

Zahl der Christen nimmt weiter ab

Der Rückgang der christlichen Gemeinden im Westjordanland wurde auch beim Besuch der evangelischen Talitha Kumi Schule in Bethlehem deutlich. Insgesamt besuchen rund 800 Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis zur Matura die Bildungseinrichtung, die als deutsche Auslandsschule geführt wird. 80 Prozent der Schüler sind Muslime, 20 Prozent Christen. Vor 25 Jahren sei das Verhältnis noch genau umgekehrt gewesen, berichtete Direktor Birger Reese. „Das geht an die christliche Identität und Substanz“, betonte Reese. Die Schülerinnen und Schüler würden an der Schule auch ausgezeichnet Deutsch lernen. Viele von ihnen wollen nach der Matura in Deutschland studieren. Bei einem Gespräch der Delegation mit Lehrerinnen sowie Schülerinnen und Schülern wurde u.a. deutlich, dass durch den Krieg immer mehr Menschen in der Region Bethlehem in tiefste Armut abgleiten würden. Ein Zeichen der Zuversicht: Die Schülerinnen und Schüler von Talitha Kumi würden gerade einen Benefizlauf für die zivilen Kriegsopfer in Gaza organisieren, berichtete Direktor Reese.

Im Anschluss an einen katholischen Gottesdienst in der Dormitio-Abtei feierte die Delegation u.a. auch eine armenische Vesper in der Armenischen Kapelle auf dem Dach der Geburtskirche in Bethlehem. In der Grotte der Geburtskirche fand ein ökumenisches Gebet statt. Auf dem weiteren Programm standen u.a. noch Treffen mit dem armenischen Patriarchen Nourhan Manougian, dem evangelischen Bischof Sani Ibrahim Azar und dem evangelischen Propst Joachim Lenz sowie ein Gottesdienst in der Grabeskirche in Jerusalem.

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