Auge um Auge?
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Michael Chalupka über Rache und Umkehr
Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt hat US-Präsident Biden die Strafen von 37 nach Bundesrecht verurteilten Todeskandidaten in lebenslange Haft ohne Möglichkeit auf Bewährung umgewandelt. Der nun regierende Präsident Donald Trump hat die Durchsetzung der Todesstrafe wieder zu seinem Ziel gemacht. Kurz vor Ende seiner ersten Amtszeit setzte Trump innerhalb weniger Monate 13 Hinrichtungen durch – mehr als jeder US-Präsident seit Jahrzehnten.
Die Bibel dient in „gods own country“ oft zur Begründung: „Auge um Auge, Zahn um Zahn!“ So wird die Bibel herbeizitiert, um heutige Barbarei zu legitimieren. Vergessen wird, dass dieses Gesetz nicht der Rache wegen geschaffen wurde, sondern zur Begrenzung der Rache, die ihre blutigen Spuren gezogen hatte. Die Strafe sollte nur den Täter treffen, nicht aber seine Familie, um keine Spirale der Gewalt auszulösen.
Doch schon im Alten Testament sehen wir eine Entwicklung, die den Kreislauf der Gewalt endgültig durchbrechen möchte. Gott selbst kehrt um. Nach der Sintflut schließt er einen Bund mit den Menschen, nie wieder mit Vernichtung zu strafen. Auch der alttestamentarische Gott ist kein Rachegott, kein zermalmendes Wesen, das Gewalt mit Gewalt ahndet.
Beim Propheten Hesekiel kann man lesen: „Meinst du, dass ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht Gott, der Herr, und nicht vielmehr, dass er sich bekehre von seinem Wesen und lebe?“