Weihnachten weltweit
Die „SAAT“ beleuchtet, wie Jesu Geburt in verschiedenen Ländern gefeiert wird
Wien (epdÖ) – Wie Weihnachten in anderen Ländern gefeiert wird, beleuchtet ein großer Artikel in der aktuellen Ausgabe der evangelischen Zeitung für Österreich „SAAT“.
Weihnachtssauna, Rompope und „Mac and Cheese“
Weihnachten in Österreich: Christkind, Vanillekipferl, besinnliche Stunden mit der Familie. Aber andere Länder – andere Sitten: Wie feiern die Menschen in anderen Weltgegenden eigentlich Weihnachten? Wir haben uns umgehört und sind auf zum Teil erstaunliche Weihnachtstraditionen gestoßen. Und auf manches, was hier wie dort gleich ist. Persönliche Einblicke aus England, den USA, Finnland, Japan und Costa Rica.
England: Santa und Kirche
„Irgendwann in der Nacht besuchte uns Santa – mein Papa – und brachte einen Sack voll Geschenke“, erzählt Tracy Kohl aus England. „Zeitig in der Früh am 25. Dezember haben wir die Geschenke geöffnet, und später kamen meine Großeltern für ein großes Weihnachtsessen.“ Seit 1994 ist sie mit Michael Kohl aus Graz verheiratet, die beiden haben zwei mittlerweile erwachsene Kinder. Vor etwa 20 Jahren haben Tracy und Michael Kohl die „Morecambe Community Church“ gegründet, die sich im Norden Englands neben zahlreichen spirituellen Angeboten auch stark sozial engagiert.
In ihren Teenagerjahren war Tracy Mitglied einer lebendigen Kirchengemeinde und begann, Weihnachtsgottesdienste zu besuchen: „Am Heiligen Abend hatten wir eine besondere Party, am Abend des Christtags einen gemütlichen Gottesdienst bei Kerzenlicht.“ Heute besuchen viele Menschen Weihnachtsgottesdienste, „die normalerweise nicht in die Kirche gehen“, weiß Tracy. Dass dabei oft Partystimmung herrscht, findet sie persönlich schade. Darum mag sie Weihnachten in Österreich, weil es viel ruhiger gefeiert wird: „In Österreich ist Platz sowohl für Besinnung als auch fürs Feiern.“
USA: Feiern mit zwei Familien
Auch in den USA wird Weihnachten oft eher als Party denn als beschauliches Gedenken zelebriert. „Weihnachten ist immer noch ein christliches Fest in den USA, aber viel hängt davon ab, zu welcher Familie mit welchem religiösen Hintergrund man gehört“, sagt Daniel Mohr. „Es gibt viele Leute, die Weihnachten nur als kulturelle Tradition feiern, nicht religiös.“ Aufgewachsen in der Nähe von Washington D.C. ist der 22-jährige Methodist derzeit in Wien als „Fellow“ für die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) tätig.
Weihnachten feiert er in den USA, und zwar seit jeher immer zweimal: „Das erste Mal mit meiner deutschen Familie am 24. Dezember und das zweite Mal am 25. mit meiner amerikanischen Familie“. Die Familie seines Vaters stammt aus Deutschland und ist vor 30 Jahren in die USA gezogen. „Sie sprechen zu Hause Deutsch und haben viele deutsche Traditionen.“ Am 24. Dezember besucht Daniels Familie also Oma und Opa aus Europa, „und wir essen Würstchen, Kartoffelsalat und Heringsalat. Dann packen wir die Geschenke aus und gehen zusammen zum Gottesdienst.“ Am 25. Dezember bleibt Daniel zuhause und genießt „einen ruhigen Morgen mit Frühstück und weiteren Geschenken“. Zu Mittag steht dann der Besuch bei den amerikanischen Großeltern an, „dort essen wir Muscheln und ‚Mac (Macaroni) and Cheese‘“.
Finnland: Spionierende Tonttus
In Finnland wiederum gibt es als Mittagessen zu Weihnachten Milchreis, erzählt Anne Tikkanen-Lippl. Die gebürtige Finnin kam in den 1990er Jahren nach Österreich und ist seit 2007 Pfarrerin in Mödling bei Wien. In diesem Weihnachts-Milchreis ist eine Mandel versteckt, und wer sie findet, darf sich etwas wünschen. Am Abend wird ein Festmenü genossen: Weihnachtsschinken, der stundenlang im Ofen schmoren muss; verschiedene Aufläufe; Rosolli (ein Salat mit roten Rüben) sowie Fisch in verschiedenen Variationen.
Davor, in der Adventzeit, sind „Die schönsten Weihnachtslieder“ eine wichtige Tradition in Finnland. „Viele Kirchen laden zum Weihnachtsliedersingen ein“, schildert Tikkanen-Lippl. Daraus sei ein richtiger Boom geworden, „manchmal sind die Kirchen voller als zu Weihnachten selbst!“ Übrigens: Im Advent schleichen überall die „Tonttus“ herum: Helferlein des Weihnachtsmanns, „die spionieren, ob die Kinder auch brav sind“. Für den 24. Dezember bestellen sich manche finnischen Familien einen Weihnachtsmann. „Bei uns war es so, dass der Papa leider gerade in dem Moment etwas erledigen musste und daher nicht da war, wenn der Weihnachtsmann vorbeikam“, erinnert sich Tikkanen-Lippl mit einem Schmunzeln. Am Nachmittag – es ist bereits dunkel – geht man in Finnland im knirschenden Schnee in die Kirche und wünscht einander „Hyvää joulua!“ – „Frohe Weihnachten!“
Japan: Weihnachten auf buddhistisch
Mit „kurisumasu omedetou!“ wiederum wünscht man einander in Japan Frohe Weihnachten, berichtet Pastor Yasuhiro Tateno von der Japan Evangelical Lutheran Church of Hiroshima. Nur etwa ein Prozent der Bevölkerung sind Christen. Aber auch manche Buddhisten feiern Weihnachten, und so gibt es überall Weihnachtspartys, „besonders große in den Kindergärten”.
Auch Pastor Tateno stammt aus einer buddhistischen Familie. „Am 24.12. aßen wir gebratene Hähnchenschenkel, löschten das Licht, steckten Kerzen auf den Kuchen und sangen ‚Stille Nacht‘. Am nächsten Morgen legte Santa Claus Geschenke auf den Kopfpolster.“ Ein Festessen gehört zu Weihnachten in Japan dazu. Neben dem erwähnten Hühnerfleisch werden zuhause und in den Kirchen typisch japanische Speisen wie Sukiyaki und Sushi verzehrt.
Costa Rica: Tamales und Rompope
Ein „feines Abendessen bei weihnachtlicher Musik“ gibt es auch bei María Amalia Trejos Murillo in Costa Rica in Mittelamerika. 1972 wurde die Bauingenieurin in der Hauptstadt San José geboren, wo sie auch heute mit ihrem Mann und zwei Töchtern lebt. „Als ich klein war, stellten meine Geschwister und ich zusammen mit unserer Mutter am 1. Dezember die Krippe beim Weihnachtsbaum auf“, erinnert sie sich. Jeden Morgen standen die Kinder früh auf, liefen ins Wohnzimmer und rückten die Heiligen Drei Könige einen Schritt näher an die (noch leere) Krippe heran, bis sie diese schließlich am Morgen des 25. Dezember erreichten. „Da war dann auch das Jesuskind da!“ Dieses Jesuskind brachte auch die Geschenke, die „am Morgen des 25. Dezember auf mysteriöse Weise auf unseren Betten oder auf dem Boden erschienen“. An diesem Tag gab es immer neue Kleidung für die Kinder. „Wir zogen uns neue Sachen an und gingen zur Messe, bevor wir mit der Großfamilie zu Mittag aßen“, so Trejos Murillo.
Ihre Tochter Sofía Abecasis Trejos bezeichnet Weihnachten als ihre „Lieblingszeit“. Die Studentin erzählt, dass Weihnachten in Costa Rica mittlerweile stark von den USA beeinflusst sei. So gebe es „den Weihnachtsmann mit der roten Mütze“ und überall künstlichen Schnee, „obwohl wir keinen Winter haben“. Im Dezember hat es etwa 20 Grad, als Weihnachtsbaum dienen oft Zypressen. In Costa Rica gibt es noch viele Christinnen und Christen, dennoch sei Weihnachten heute „eher mit Familie und Freunden verbunden, aber auch mit Konsum und Schenken“. Bei ihr zu Hause und in vielen anderen Häusern sei es jedoch noch ein religiöses Ereignis, betont sie. „Wir gehen zur Messe und wir beten während der Adventzeit.“ Kulinarisch gefeiert wird in Costa Rica mit dem typischen Weihnachtsgericht „Tamales“: ein Teig aus Mais, gefüllt mit Fleisch und Käse, eingehüllt in Pflanzenblätter, die wie kleine Geschenkspackerl aussehen. Getrunken wird dazu Rompope, Eierlikör.
Christbäume und Familienpartys
Klimazone, Geschichte, Religion, Kultur und viele weitere Faktoren entscheiden darüber, wie Weihnachten in verschiedenen Weltregionen gefeiert wird. So gibt es länderspezifische Bräuche wie etwa die „Weihnachtssauna“ in Finnland: „Am Heiligen Abend wird immer in die Sauna gegangen“, weist Anne Tikkanen-Lippl auf ein typisch finnisches Ritual hin. Zwischen den Saunagängen springe man allerdings nicht in den See – der sei im Winter zugefroren –, „sondern in den Schnee“.
Christbäume wiederum gibt es nicht nur in unseren Breiten, sondern mittlerweile weltweit. So auch in Japan, bestätigt Pastor Tateno: „Christbäume sieht man überall in der Stadt, vor allem in den Geschäften. Sogar in den Häusern von Nicht-Christen werden sie aufgestellt und dekoriert.“ Auch bei der österreichisch-englischen Familie Kohl im Norden Englands spielen Christbäume, und zwar nicht aus Plastik, sondern aus Holz, eine große Rolle. „Echte Christbäume bekommt man in England nicht so leicht, sie sind aber in den letzten Jahren immer mehr zu einer Tradition geworden“, erzählt Tracy. „Vor allem früher, als die Kinder noch klein waren, haben wir versucht, zu Weihnachten beide Kulturen zu verbinden. Die Kinder durften am Heiligen Abend ein Geschenk öffnen, und wir haben unter dem Christbaum die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel gelesen.“
Typisch für Weihnachten in Costa Rica wiederum sind das Zusammenkommen der Großfamilie und ein kleiner Umzug im Haus: „Eines der kleinen Kinder trägt das Jesuskind und ein anderes die Krippe“, erzählt María Amalia Trejos Murillo. „Eine meiner Tanten backt einen Kuchen und wir singen dem Jesuskind alles Gute zum Geburtstag. Dann spricht einer meiner Onkel ein Gebet und liest aus der Bibel.“ Das gemeinsame Feiern mit zahlreichen Familienmitgliedern bezeichnet auch ihre Tochter als charakteristisch für Weihnachten in Zentralamerika: „Zur Party kommen nicht nur die Großeltern, Onkel und Tanten, sondern auch die Geschwister der Großeltern und ihre Kinder und nochmals deren Kinder.
In Österreich wiederum herrscht eine ähnliche Art der Menschenansammlung bei Christkindlmärkten, die in den letzten Jahren immer populärer geworden sind. „Ich habe nie österreichische Weihnachten gefeiert, aber ich liebe die Weihnachtsmärkte überall in Wien“, schwärmt der US-Amerikaner Daniel Mohr. Für ihn persönlich sei Weihnachten eine Zeit „der Liebe, des Feierns und guten Essens: Ich bin immer froh, meine ganze Familie zu sehen.“ Er finde es „gut, bestimmte Zeiten zu haben, zu denen wir zusammen Gott und seine Liebe feiern können“. Trotz aller unterschiedlichen Bräuche und zunehmender Säkularisierung ist es auch Tracy Kohl wichtig, den eigentlichen Grund von Weihnachten nicht zu vergessen: „Es geht darum, die Menschwerdung Gottes zu feiern.“
Gelingen kann das überall und auf vielfältige Weise: ob in der Weihnachtssauna, mit Santa Claus oder dem Christkind, großen Partys, köstlichen Tamales oder Vanillekipferln. Daniel Mohr resümiert: „Jesus wird jedes Jahr geboren – und ich werde es immer feiern!“
Den Artikel können Sie auch in der aktuellen Dezember-„SAAT“ lesen. Die evangelische Zeitung für Österreich erscheint monatlich und ist für 37,50 Euro im Jahresabo hier erhältlich.