Diakonie: Neue Sonderschul-Lehrpläne zeigen Haltung aus den 1950er Jahren
Moser fordert inklusive Lehrpläne für alle Kinder
Wien (epdÖ) – Mit Blick auf die Inklusion von Kindern mit Behinderungen kommt von der Diakonie heftige Kritik an den neuen Sonderschul-Lehrplänen. Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser erkennt in Bezug auf Kinder mit Behinderungen an den neuen Sonderschulplänen und insbesondere der Sprache, in der sie verfasst sind, eine „Haltung aus den 1950er Jahren“. „Es ist unfassbar, dass in der aktuellen Fassung der Lehrpläne noch immer von ‚körperbehinderten‘ und ‚sprachgestörten Kindern‘ die Rede ist“, kritisiert die Diakonie-Direktorin. „Diese Begriffe zeugen von einer antiquierten Haltung und einem völlig unzureichenden Verständnis von Inklusion“, so Moser.
In Kraft treten sollen die Lehrpläne für die Sonderschule, die sich laut Ministerium an jenen von 1960 orientieren, im nächsten Schuljahr (2025/26). „Dazu kann man nur sagen, eine solche ‚Erneuerung‘ von Lehrplänen für Kinder mit Behinderungen macht sicher keine Inklusion“, betont Moser. „Ganz offensichtlich ist es dem Ministerium ja auch ein Anliegen, das bestehende Parallelsystem von Sonderschule und Regelschule weiter zu erhalten. Das bedeutet aber, dass Kinder mit Behinderung weiterhin auf dem Abstellgleis Sonderschule/Werkstätte bleiben werden“, warnt Moser.
Fehlende Pläne für ein 11. und 12. Schuljahr
„Leider geht – trotz ‚neuer‘ Lehrpläne – auch bezüglich des 11. und 12. Schuljahres für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) nichts weiter“, bemängelt die Diakonie-Direktorin. Zudem gebe es mit der neuen Verordnung keine Pläne, dass Jugendliche mit SPF über 16 Jahre (nach der Pflichtschule) inklusiv beschult werden. „Anstatt diese jungen Menschen zu fördern, werden sie auch weiterhin oft ohne Beschäftigung zu Hause sitzen, oder sie landen für den Rest ihres Lebens in einer Werkstätte. Das schadet nicht nur den Kindern und ihren Familien, sondern auch der Gesellschaft insgesamt – sozial und volkswirtschaftlich“, hebt die Diakonie hervor.
Laut Diakonie zeigen Studien, dass Kinder und Jugendliche, die die Sonderschule besuchen, „wesentlich schlechtere Chancen“ auf eine weiterführende Ausbildung oder einen erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben haben. Demnach seien 44% der Absolvent:innen mit einem Sonderschulzeugnis 1,5 Jahre nach dem Abschluss weder in einer Ausbildung noch erwerbstätig.
Die Diakonie spricht sich gegen die Verfestigung des Sonderschulwesens sowie für einen „Lehrplan für alle“ mit individuellen Unterstützungs- und Förderangeboten aus. „Um Schule wirklich inklusiv zu gestalten, müsste dieses Parallelsystem schrittweise abgebaut werden. Vorantreiben müsste man ein inklusives Bildungssystem, in dem alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden“, unterstreicht Moser.