Evangelische feierten 100 Jahre Superintendenz Burgenland
Reformationsempfang in Eisenstadt zum Abschluss des Jubiläumsjahres
Eisenstadt (epdÖ) – Ihr 100-jähriges Bestehen feiert heuer die Evangelische Superintendenz Burgenland. Zum Abschluss des umfangreichen Festreigens lud die Evangelische Kirche am Samstag, 19. Oktober, zum Reformationsempfang nach Eisenstadt. Superintendent Robert Jonischkeit und Superintendentialkuratorin Christa Grabenhofer konnten bei der Festveranstaltung zahlreiche Vertreter:innen aus den 29 evangelischen Gemeinden des Burgenlandes, aus der Kirchenleitung, aus der Ökumene und dem politischen Leben begrüßen.
Superintendent Jonischkeit erinnerte an die Gründung der Evangelischen Superintendenz im Jahr 1924. Die Loslösung von der Evangelisch-lutherischen Kirche in Ungarn sei kein einfacher, sondern ein „schmerzhafter und schwieriger“ Prozess gewesen. Auch die Zeit des Nationalsozialismus sei „für die Evangelische Kirche kein Ruhmesblatt“. „Dass wir heute so offen und tolerant miteinander umgehen, ist das Ergebnis eines langen Weges der Geschichte“, erklärte der Superintendent und zeigte sich dankbar für die „Begegnung auf Augenhöhe“ und das „gute Miteinander im Dienst an der Bevölkerung“, sowohl in der Ökumene wie auch in der Landespolitik. Entgegen allen Sorgen angesichts der demografischen Entwicklung und zunehmenden Säkularisierung blickt der Superintendent zuversichtlich nach vorne: „Dort, wo wir als Evangelische Kirche im Burgenland heute und in Zukunft für die Bevölkerung da sind, das Evangelium verkündigen, Menschen seelsorgerlich und diakonisch begleiten, haben wir nicht nur eine Zukunft, sondern da ist diese Zukunft gesegnet“, sagte Jonischkeit.
LH Doskozil: Evangelische integraler Bestandteil burgenländischer Identität
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil würdigte beim Festempfang die Evangelische Kirche als „integralen Teil der burgenländischen Identität“. „Das Miteinander, der partnerschaftliche, respektvolle Umgang, waren eine Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung unseres Bundeslandes“, sagte der Landeshauptmann. Im Sinne dieses respektvollen Miteinanders sicherte Doskozil der Evangelischen Kirche auch die Unterstützung des Landes Burgenland bei ihren Bestrebungen zur Wiedereinführung des Karfreitags als gesetzlichen Feiertag für alle in Österreich zu. Angesichts der christlich geprägten Tradition im Land halte die Landesregierung an ihrem Bekenntnis fest, den Karfreitag auch weiterhin als Feiertag im Landesdienst zu führen.
Für die gute Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche dankte auch der Eisenstädter Bürgermeister Thomas Steiner. Die Kirchen seien ein „wesentlicher Pfeiler der gesellschaftlichen Entwicklung“ und wichtiger „Anker“ in einer wachsenden Stadt wie Eisenstadt, wenn es darum geht, gemeinsam „Voraussetzungen für ein gutes Leben zu schaffen und jene zu unterstützen, die Hilfe brauchen“.
Die Klubobfrau der Grünen, Anja Haider-Wallner, dankte „für die tägliche Arbeit und das Einstehen für Zusammenhalt“. In einer Zeit zunehmender Polarisierung, psychischer Probleme und Einsamkeit im Alter bieten Kirchen mit ihren „Übergangsritualen an wichtigen Punkten im Leben“ notwendige Sicherheit und Räume der Begegnung unabhängig von Herkunft oder sozialer Schicht.
Generalvikar Wüger: Dank für gemeinsamen Weg in der Ökumene
Für die gute Zusammenarbeit in der Ökumene sprach der römisch-katholische Generalvikar Michael Wüger der Evangelischen Kirche seinen Dank aus. Der Weg in der Geschichte sei kein einfacher gewesen, heute gebe es nicht nur Brücken aufeinander zu sondern eine starke, tragfähige Verbindung der Konfessionen, die gemeinsam unterwegs seien.
Superintendentialkuratorin Christa Grabenhofer stellte beim Reformationsempfang mehrere Projekte vor, die im Jubiläumsjahr initiiert und umgesetzt wurden. „Evangelische Kirche im Burgenland. Damals und heute.“ ist der Titel eines neuen Buches, das die Kirchengebäude aller Pfarr- und Tochtergemeinden des Burgenlands mit aktuellen und historischen Bildern präsentiert. Möglich wurde dieses Projekt nicht zuletzt durch die Beteiligung des Archivars der Evangelischen Kirche in Österreich, Johannes Leitner, der für zahlreiche Bilder verantwortlich zeichnete.
Im Jubiläumsjahr arbeiten Historiker:innen noch an einem weiteren Buch: Wie Roman Kriszt ankündigte, werden darin die Biografien aller Pfarrer und Pfarrerinnen aufgenommen, die seit 1781 im Burgenland tätig waren. Erscheinen soll der umfangreiche Band im Herbst 2025.
Digitalisierte Personenstandsverzeichnisse
Gert Polster, Direktor des burgenländischen Landesmuseums, berichtete gemeinsam mit Johannes Leitner von der Digitalisierung der burgenländischen Matriken, die ebenfalls im Jubiläumsjahr aufgenommen wurde. Durch die Digitalisierung können diese Personenstandsverzeichnisse, „eine der größten Hinterlassenschaften der Vergangenheit, die die Kirche hat“, bewahrt werden. Nach Abschluss des Projektes werden damit weit zurückreichende historische Einträge etwa über Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen online zugänglich sein.
Gegenwart und Zukunft der Evangelischen Kirche standen im Fokus einer Gesprächsrunde, die die ORF-Journalistin Renata Schmidtkunz moderierte. Die Präsidentin der Synode der Evangelischen Kirche Österreich, Ingrid Monjencs, unterstrich dabei die gesellschaftliche Funktion der Kirche. Neben dem eigenen Engagement und dem Willen mitzugestalten brauche es auch aktive Pfarrgemeinden, die „der Gesellschaft vorleben, wo wir sein sollten“. Wie in evangelischen Pfarrgemeinden des Burgenlandes offen etwa auf junge Menschen zugegangen werde, strahle auch auf andere Diözesen aus.
Der Student Lucas Wendelin ist Kurator in Gols und der Jüngste in diesem Amt. Er wünscht sich ein „besseres Nützen der Ressourcen“, das „Kerngeschäft“ bleibe das „Reden von Gott“. Presbyterin Sigrid Joham aus Neuhaus am Klausenbach riet, „dass die Evangelische Kirche ‚all in‘ geht und alle Kräfte nach vorne wirft“.
Der frühere Ruster Pfarrer Frank Lissy-Honegger erinnerte an den großen protestantischen Theologen Wilhelm Dantine, der von einem „protestantischen Abenteuer“ in einer nichtprotestantischen Welt gesprochen habe. Die Kirche sei kein Trachtenverein, sondern habe eine „Aufgabe in der Welt“.
Dass gerade junge Menschen „abgeholt“ und durch aktuelle gesellschaftspolitische Themen angesprochen werden können, hat die Studentin Luise Pauer aus Kobersdorf erfahren. Sie ist seit zwei Jahren in der Jugendarbeit aktiv. Robin Geschray, Schüler im evangelischen Wimmer Gymnasium in Oberschützen, wünscht sich, dass die Evangelische Kirche „weiterhin Nächstenliebe predigt und Menschen unterstützt“. Dass den Kirchen auch in Zukunft eine wichtige Aufgabe zukomme, unterstrich die Eisenstädter Volksschullehrerin Eva Baumgartner. Neben all den Freizeitangeboten brauche der Mensch „etwas für die Seele“.
„Erlebnis Österreich“ über das evangelische Leben im Burgenland
Gezeigt wurde beim Festempfang bereits eine neue Folge von „Erlebnis Österreich“, die am Sonntag, 20. Oktober, um 16.30 Uhr auf ORF 2 zu sehen war. In kompakten 25 Minuten porträtiert Günter Welz das evangelische Leben im Burgenland. Durch den Reformationsempfang führte ORF-Moderator Mario Kanitsch, für die musikalischen Beiträge sorgten der Posaunenchor Zurndorf, der Diözesanchor „Klangfarben“ und die Band „WimmerPOP“ aus Oberschützen.
Heute leben im Burgenland rund 30.000 Evangelische. Mit knapp 11 Prozent hat das Burgenland den höchsten Anteil an evangelischen Christinnen und Christen. Seit 2021 ist Robert Jonischkeit Superintendent, gemeinsam mit Superintendentialkuratorin Christa Grabenhofer, die heuer in ihrem Leitungsamt bestätigt wurde, steht er an der Spitze der Superintendenz, die 29 Pfarrgemeinden umfasst. Bis 1918 waren die evangelischen Gemeinden des Burgenlandes der ungarischen Reichshälfte zugeordnet und es dauerte bis zum Jahr 1924, bis mit Theophil Beyer der erste Superintendent des Burgenlandes bestellt werden konnte.
Die Folge „Erlebnis Österreich“ vom 20. Oktober kann hier in der ORF-TV-Thek nachgesehen werden.