"Bildung - was ist das?"

Ein Abend zum Jahr der Bildung mit Oberkirchenrat Karl Schiefermair

 
von Martina Schomaker
Oberkirchenrat Karl Schiefermair
Oberkirchenrat Karl Schiefermair

Mit einem hurmorvollen Einstieg zur Frage nach „gerechter“ Prüfung (siehe Comic) und dem Sinn gleicher Behandlung unterschiedlicher Talente begann der Vortragsabend zum Thema „Bildung – was ist das?“ mit Oberkirchenrat Mag. Karl Schiefermair am Dienstag, 10. Februar, in der Wiener Superintendentur. Der Vortrag war Teil des Theologischen Grundkurses und gleichzeitig offen für alle Interessierte. Superintendentialkuratorin Dr. Inge Troch war dabei und berichtet:

„Wir sprechen oft von Bildung und meinen Ausbildung, Erziehung, Lernen. Wir haben konkrete Vorstellungen, wann jemand ein gebildeter Mensch ist – meinen wir alle das gleiche? Und wie kann man Bildung erklären, von Fakten-Wissen abgrenzen?

Eine griechische Vase zeigt Musikinstrumente, Schüler im Gegenüber zum Lehrer. Musik spielt eine große Rolle, auch für die Lesenden. Offensichtlich ein sehr individueller Unterricht. Auch die Bibel erzählt von der sehr individuell gestalteten Weitergabe von Wissen und von Erfahrungen durch die Eltern an die Kinder (z.B. Dtn 6, 20-25, Spr.4, 1-9, Eph. 6, 1-4), vom Lehrer (Jesus, Philippus) an Schüler (Jünger, Kämmerer).

Bildung – darin steckt das Wort „Bild“ , aber auch „bilden“ („formen“). Davon weiß schon die Bibel, 1.Mose 1, 26a:   „ Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, ...“. Dies greift Meister Eckhardt († 1328) in seiner „Imago dei Lehre“ auf: „Das Bild Gottes ist vom Schöpfer wie ein Samenkorn in die Seele gelegt.“ Und er weist darauf hin,  dass Eigenwillen und Egoismus dieses Bild verdecken und die Seele von allen „Einbildungen“ der anderen Bilder „entbildet“, ins „göttliche Bild“ verwandelt werden muss.

Wilhelm v. Humboldt meint „Der wahre Zweck des Menschen (...) ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen.“

Karl Barth weist darauf hin, dass der Mensch nur durch dreifache Gestaltung zum Bilde wird:  Gestaltung durch die Umwelt zu einem, der möglichst reich und tief um sie weiß;  

Selbstgestaltung in der Begegnung mit der Umwelt zu einem Freien und Verantwortlichen und, dass er endlich zu einem Gestalter werde in und an seiner Umwelt.

Diese und weitere Betrachtungen führen zu möglichen Maßstäben, an denen sich Bildung bewährt. Dazu gehören (Hartmut v. Hentig, 1996 ) u.a. „Abscheu und Abwehr von Unmenschlichkeit; die Wahrnehmung von Glück“ ebenso wie „Wachheit für letzte Fragen, die Bereitschaft für Selbstverantwortung und Verantwortung in der res publica.“

Diese und andere Aussagen zeigen: Die von uns oft ersehnte einfache Definition des Begriffes „Bildung“ gibt es nicht. Ebenso wird es nicht leicht fallen, einen „gebildeten Menschen“ zu charakterisieren. Ein solcher muss mehr als Faktenwissen haben. PISA kann dies sicher nicht erfassen.

Noch etwas verdeutlichte der Abend: Unsere Haltung zur Umwelt und unsere Vorstellungen vom sozialen Miteinander prägen unsere Vorstellungen von dem, was unter dem Sammelbegriff „Bildung“ vermittelt, in den Schulen gelehrt und gelernt werden soll. Was Ziel des Schulbesuchs ist. Dies spiegelt sich in der derzeit so heftig geführten Debatte um die Schule und ihre Gestaltungsformen deutlich wider. Denn:

Fächerkanon sowie Art und Ziel des Unterrichtens hängen stets vom (angestrebten) Bild des Menschen, der Gesellschaft, des sozialen Gefüges ab. Davon wie andere Menschen gesehen werden – etwa: werden Hierarchien positiv gesehen, z.B. solche, die auf Besitz und wirtschaftlichem Erfolg aufbauen – oder sind grundsätzlich alle Menschen gleichwertig, unabhängig von ethischer, religiöser Zugehörigkeit, von Talenten oder Behinderungen.

So gab der Abend wichtige Impulse zum Nachdenken über Bildungsfragen und Bildungsauftrag.“

Text: Dr. Inge Troch

Fotos: epdÖ/Uschmann (1), Inge Troch (1)

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