Auszeit
Julia Schnizlein über die Bibel und den Urlaub
„Du sollst Urlaub machen“ – sagt die Bibel sinngemäß. Zwischen anderen Vorschriften wie: „Du sollst keine anderen Götter haben“, „Du sollst nicht töten“ und „Du sollst nicht stehlen“ lesen wir in den zehn Geboten an dritter Stelle: „Du sollst den Feiertag heiligen“. Dieses Ruhetagsgesetz ist eine jüdisch-christliche Besonderheit. Seit jeher war es wichtig, dass Menschen zur Ruhe kommen und Abstand gewinnen. Dass sie ausbrechen aus der Routine des Alltags. Dass sie nicht gefangen sind und sich nicht gefangen nehmen lassen von der Geschäftigkeit des Tagwerks.
Also verordnete Gott den Menschen regelmäßige Auszeiten. In England spricht man von „holidays“ – also heiligen Tagen. Heilig, weil sie sich vom Alltag unterscheiden. Weil sie anders sein sollen, anders sein müssen. Damit der Alltag danach wieder leichter fällt. Damit er wieder schöner und geschätzter und manchmal auch erträglicher wird. Die Urlaubstage sollen „heilige Tage“ sein, weil sie dem Menschen wohltun sollen.
In einem Sommer wie diesem klingt das für manche zynisch. Wie sollen wir uns erholen, wenn vieles von dem, was uns „wohltut“ nicht möglich ist? Wie Urlaub machen, wenn der Lieblingsort nicht angeflogen werden kann, das Lieblingslokal gesperrt und der Lieblingsbadeort nur mit Mundschutz begehbar ist? Wie überhaupt in den Urlaub fahren, wenn man nicht weiß, ob und unter welchen Quarantänebedingungen man zurückkommen kann?
Auch Jesus machte ab und zu Urlaub. Er suchte ganz bewusst Ruhe und Abstand. Zum Beispiel nach dem Tod Johannes des Täufers. Da fuhr er mit einem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Überhaupt sucht Jesus zur Erholung meist die Abgeschiedenheit auf.
Vielleicht können wir uns daran auch heute ein Beispiel nehmen. Vielleicht müssen es nicht immer Strand und Meer und Urlaub unter Menschen sein, um Abstand von den Dingen zu gewinnen. Vielleicht reicht die kleine Wanderung, der nahegelegene Park oder der eigene Balkon?
Nicht höher, weiter, beeindruckender ist Thema bei der Urlaubsplanung, sondern die Frage: „Wo und mit wem komme ich wirklich zur Ruhe? Womit gewinne ich Abstand von der Mühle des Alltags, um das zu finden, was ich sonst nicht kann? Um den Augenblick zu genießen!“
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