240 Jahre Toleranzpatent: Jubiläum stimmt evangelischen Synodenpräsidenten Krömer „nachdenklich“
Kritik an Einschränkungen für Minderheitskirchen in Österreich
Wien (epdÖ) – „Nachdenklich“ zeigt sich der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer angesichts von Einschränkungen der „Stellung einer freien Kirche, vor allem für Minderheitskirchen“ in den letzten Jahren. Anlässlich des 240. Jahrestags der Unterzeichnung des Toleranzpatents durch Kaiser Joseph II. am Mittwoch,13. Oktober, erinnert Krömer etwa an die Abschaffung des Karfreitags als Feiertag für Evangelische und Altkatholiken im Jahr 2019: „Der Karfreitag als gesetzlicher Feiertag wurde seinerzeit bewusst zum Ausgleich für Minderheitskirchen im Zusammenhang mit der Einführung der für die Römisch-katholische Kirche wichtigen Marienfeiertage als gesetzliche Feiertage vom Nationalrat beschlossen. Dieses Recht der Minderheitskirchen auf den Karfreitag als gesetzlichen Feiertag zum Ausgleich ihrer Nachteile wurde beseitigt“, kritisiert Krömer gegenüber dem Evangelischen Pressedienst.
Kritisch äußert sich der Synodenpräsident auch zu den Einschränkungen in der Krankenhausseelsorge durch die Datenschutzgrundverordnung von 2018: „Die evangelischen Seelsorgerinnen und Seelsorger sowie Pfarrämter werden über evangelische Patienten in Krankenanstalten nicht informiert, was sich in Zeit der Pandemie sehr nachteilig für Evangelische auswirkt.“
Das EU-Antidiskriminierungsrecht führe zudem auch dazu, dass in evangelischen Einrichtungen zahlreiche Arbeitsplätze ohne Bevorzugung von evangelischen Mitgliedern an Angehörige anderer Konfessionen oder Konfessionslose vergeben werden müssen, obwohl die evangelischen Einrichtungen und Arbeitsplätze aus Spenden und Mitteln der Evangelischen Kirche finanziert werden: „Für den Zusammenhalt einer Minderheitskirche ist dies mehr als problematisch.“ Auch dürften Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass Arbeitnehmer keine religiösen Symbole an ihrer Kleidung tragen. Damit seien selbst „kleinere Zeichen, die jemanden als Evangelischen ‚outen‘, unzulässig“.
Vor 240 Jahren endete mit dem am 13. Oktober 1781 erlassenen Toleranzpatent die Zeiten der Verfolgung und Vertreibung Evangelischer, die Religionsausübung wurde nun unter erschwerten Bedingungen toleriert. Am 8. April 1861 – vor 160 Jahren – erließ dann Kaiser Franz Joseph das Protestantenpatent, das im Zusammenhang mit dem Staatsgrundgesetz 1867 dazu führte, dass die Evangelische Kirche in Österreich gesetzlich anerkannte Kirche mit dem Recht der öffentlichen Religionsausübung ist. Die Evangelischen waren damit nicht der Römisch-katholischen Kirche gleichgestellt, die sogenannten inneren, autonomen Angelegenheiten waren damals noch stark eingeschränkt. „Dies mussten die Evangelischen Kirchen vor allem im sogenannten Ständestaat deutlich erleben“, erinnert Krömer. Erst mit dem Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, dem „Protestantengesetz“ vom 6. Juli 1961, wurden die Evangelischen Kirchen in Österreich freie Kirchen in einem freien Staat, gleichberechtigt mit der römisch-katholischen Kirche.