Wem viel gegeben
Michael Chalupka über die Verpflichtung, Flüchtenden aus Afghanistan zu helfen
Das Leid ist unermesslich. Ein junger Fußballspieler der afghanischen Nationalmannschaft hat sich an ein Rad einer amerikanischen Militärmaschine geklammert und ist nach dem Start vom Himmel zu Tode gestürzt. Neugeborene werden den amerikanischen Soldaten von verzweifelnden Müttern in die Hände gedrückt, um wenigsten ihnen ein Leben in Freiheit zu ermöglichen. Wen diese Bilder nicht rührten, der müsste ein „steinernes Herz“ haben und sollte Gott um ein „fleischernes Herz“ bitten, wie es im Buch Hesekiel steht.
Nach dem Versagen der westlichen Militärallianz und der afghanischen Regierung ist es notwendig zu helfen. Das ist unstrittig. Über das Wie entzweien sich die Geister. Sollen die Nachbarländer unterstützt werden bei der Aufnahme der Vertriebenen, oder sollen sichere legale Fluchtwege zur Aufnahme von Flüchtlingen nach Europa geschaffen werden?
Im Lukasevangelium findet sich ein Satz, der hier richtungsweisend ist: „Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.“
Wer viel tragen kann, ist auch verpflichtet, mehr zu tragen als die Schwachen. Deshalb kann Hilfe in den Nachbarstaaten und die geregelte Aufnahme von Flüchtenden aus den Flüchtlingslagern dieser Länder kein Gegensatz sein, sondern beides ist notwendig und machbar. Wer sich am Krieg beteiligen konnte, muss auch zur Rettung beitragen.