Diakonie: Konzept zur Flüchtlingsunterbringung und -betreuung
„Großquartiere werden Anforderungen an menschenwürdige Unterbringung nicht gerecht“
„Großquartiere werden Anforderungen an menschenwürdige Unterbringung nicht gerecht“
Wien (epdÖ) – Zum Weltflüchtlingstag am Samstag, 20. Juni, hat die Diakonie ein Paket mit Vorschlägen zur Reform der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen vorgelegt. Anlass dafür sei die Unterbringung von Asylwerbenden in Großquartieren: „Diese Beherbergung von Asylsuchenden in Quartieren des Innenministeriums wird den Anforderungen an eine menschenwürdige und auch rechtskonforme Unterbringung nicht gerecht“, kritisiert Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in einer Aussendung.
Ab 1. Dezember 2020 wechsle neben der Rechtsberatung im Asylverfahren auch die Zuständigkeit für Bundesbetreuungsquartiere zur Betreuungsagentur des Bundes (BBU). Dieser Wechsel könne zu einer nachhaltigen Reform der Flüchtlingsunterbringung beitragen, so Moser. Wichtig sei jedoch, „jetzt darüber nachzudenken, welche Art des Wohnens und der Betreuung die Menschen, die in Österreich um Schutz ansuchen, tatsächlich brauchen“.
So seien unter den Neuankommenden viele Menschen, die nach EU-Aufnahmerichtlinie „besonders schutzbedürftig“ seien: Personen, die etwa Folter, Vergewaltigung oder andere Formen schwerer psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt erlitten haben, aber auch Schwangere, Ältere und Gebrechliche, Menschen mit Behinderungen oder unbegleitete Minderjährige. Dazu kämen Personen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität besonders geschützt werden müssten. „Sie alle sind entsprechend ihren Bedürfnissen unterzubringen und zu betreuen“, was bislang kaum geschehen sei.
Konzept für vier Phasen der Unterbringung
Ein neues Konzept zur Unterbringung solle in vier Phasen gegliedert sein: „Die Abklärung des Betreuungsbedarfs, die angemessene Unterbringung, die dazu passende individuelle Betreuung und ein regelmäßiges ‚Update‘.“ Zunächst sei die Aufmerksamkeit auf ein ausführliches und vertrauliches Aufnahmegespräch unmittelbar nach Ankunft in der Erstaufnahmeeinrichtung zu legen; dort solle ein besonderer Betreuungsbedarf festgestellt werden. Dann müsse eine Form der Unterbringung ermittelt werden, die den Bedürfnissen der jeweiligen Person am ehesten entspreche. So sei es zum Beispiel sinnvoll, eine alleinstehende Frau mit Kleinkind gemeinsam mit anderen alleinstehenden Frauen unterzubringen. „Für die Betreuung entsteht dadurch kein Mehraufwand, für das Sicherheitsgefühl und das Wohlbefinden der Frau macht das aber einen großen Unterschied“, betont Moser.
Weiters brauche es die Evaluierung und Neubewertung der Unterbringung im Einzelfall und ein allfälliges „Update“, das eine regelmäßige Anpassung im Wohn- und Betreuungsbedarf ermögliche. Hier müsse es die Möglichkeit geben, dass Menschen in kleinere, individuelle Unterbringungsformen wechseln können.
Wichtig sei auch, dass es in den neuen Aufnahmeeinrichtungen des Bundes auch ein professionelles externes Freiwilligenmanagement gebe, fordert die Diakonie. „Der Zugang für zivilgesellschaftliche Organisationen und engagierte Bürger und Bürgerinnen muss möglich sein, damit die dort lebenden Menschen Unterstützung beim Start in ihr neues Leben bekommen“, so Moser.