Moser: Coronakrise ist „Karfreitagsmoment für ganze Gesellschaft“

 
von Evangelischer Pressedienst
“Gott wäre nicht ganz Mensch geworden ohne den Karfreitagsmoment. Ohne diese Erfahrung, der Hilflosigkeit angesichts der Endlichkeit." Foto: epd/Uschmann
“Gott wäre nicht ganz Mensch geworden ohne den Karfreitagsmoment. Ohne diese Erfahrung, der Hilflosigkeit angesichts der Endlichkeit." Foto: epd/Uschmann

Radiogottesdienst aus Gallneukirchen

Gallneukirchen (epdÖ) – Als „Karfreitagsmoment für die ganze Gesellschaft“ sieht Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser die Coronakrise. In ihrer Predigt im ORF-Radiogottesdienst am Karfreitag, 10. April, verglich Moser die häufige Hilf- und Ratlosigkeit in der Krise mit der Hilflosigkeit, mit der Jesus am Kreuz gehangen ist. In der Feier, die aus der evangelischen Pfarrgemeinde Gallneukirchen in Oberösterreich auf Ö1 übertragen wurde, zitierte Moser die spottenden Hohepriester und Schriftgelehrten aus dem Matthäusevangelium: „Anderen hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen.“ Dieser Satz, so Moser, habe für sie entscheidende Bedeutung, „weil es in ihm um unser Gottesbild geht – und damit auch um unser Menschenbild“. Am Kreuz, an dem sich Jesus nicht selbst helfen könne, werde die Menschwerdung Gottes komplett: „Gott wäre nicht ganz Mensch geworden ohne den Karfreitagsmoment. Ohne diese Erfahrung der Hilflosigkeit angesichts der Endlichkeit. Der Begrenztheit menschlicher Machbarkeit.“

Die große Frage: „Schaffen wir das?“

Eine ähnliche Hilflosigkeit erlebe sie auch in der Arbeit der Diakonie. Menschen in Pflegeheimen litten unter der Isolation, die Besuche verbiete. Bei Mädchen, die ihn Wohngruppen lebten, würden alte Wunden wieder aufbrechen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakonie täten freilich ihr Bestes, um das abzufangen, „aber ich glaube, wir erleben recht deutlich: Wir tun, was wir können. Wir können die Situation vielleicht etwas erträglicher machen, aber wir können ‚es nicht gut machen‘. Auch das ist ein Karfreitagsmoment.“

Die große Frage laut Moser sei: „Schaffen wir das? Schaffen wir es, nicht nur wie gebannt auf Zahlen und Kurven, die den Erfolg der Maßnahmen zeigen, zu schauen – sondern auch hinzuschauen auf die Karfreitagsmomente?“ Schon das Hinschauen falle vielen schwer; Hilflosigkeit sei gesellschaftlich verpönt, viele schämten sich, Hilfe zu benötigen. Hier aber liege eine Bedeutung, die der Karfreitag nicht nur für Evangelische, sondern für die Gesellschaft habe – „und deswegen, erlauben Sie mir diese Nebenbemerkung, kann der Karfreitag kein persönlicher Feiertag, sondern muss ein gesellschaftlicher Feiertag sein. Denn der Karfreitag ruft ins Bewusstsein: Es gibt diese Momente, an denen wir uns nicht selbst helfen können. Hilfe zu brauchen ist ein menschlicher Normalzustand.“ Vom Karfreitag an „muss sich niemand mehr schämen, sich nicht selbst helfen zu können.“

Sie finden den ORF-Radiogottesdienst aus Gallneukirchen auch unter radiothek.orf.at

Die Predigt im vollen Wortlaut finden Sie hier.

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