Kleider machen Leute
Julia Schnizlein über ein Kleidungsstück mit großer Symbolkraft
„Kleider machen Leute“ heißt eine Novelle von Gottfried Keller. Darin geht es um einen armen Schneider, der dank seiner feinen Kleidung für einen Grafen gehalten wird und sich in ein wohlhabendes Mädchen verliebt. Sie hält zu ihm, auch als sie seine wahre Identität erkennt. Schließlich bringt es der Schneider selbst zu Ansehen und Reichtum und der Spruch „Kleider machen Leute“ bewahrheitet sich.
Etliche Studien belegen: Die Art, wie man sich kleidet, beeinflusst, wie andere Menschen uns wahrnehmen und einschätzen. Oft sind Kleider Rollenbeschreibungen. Eines der bekanntesten Beispiele hat gerade Hochsaison: das Brautkleid. Unendlich viel Geld wird da investiert, damit sich die Braut an diesem Tag einmal wie eine Königin fühlt.
Übrigens geht das weiße Brautkleid tatsächlich auf eine Königin zurück. Trendsetterin war die britische Monarchin Victoria, die bei ihrer Hochzeit im Jahr 1840 ein spektakuläres weißes Brautkleid aus Seide und Spitze trug und damit einen Trend setzte, der bis heute anhält.
Leider wird das Hochzeitskleid noch am Abend der Hochzeit wieder ausgezogen und der Zauber des Tages wird zur schönen Erinnerung. Ein anderes Kleid ist da nachhaltiger, nämlich das Taufkleid. In der Evangelischen Kirche ist das weiße Kleid zur Taufe kein Muss, aber es ist ja auch nur ein Symbol für das unsichtbare Kleid, das man zur Taufe geschenkt bekommt. Das weiße Kleid symbolisiert die Tatsache, dass man in der Taufe neu geboren wird und – so wie es die Bibel sagt – Christus anzieht.
„Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.“ Und diese Kleidung ist eine, die der Mensch nie wieder ablegen und die ihm auch nicht genommen werden kann. Wer Christus angezogen hat, der ist hineingeboren in seine Welt, in der Freundlichkeit, Erbarmen und Gerechtigkeit die obersten Prinzipien sind. Der hat Teil an einer Welt, in der die Liebe über den Hass siegt und das Leben über den Tod.
Und wenn Sie nun spontan Lust bekommen, sich Christus ebenfalls „anzuziehen“, gibt es dafür eine unkomplizierte Möglichkeit: Die Evangelische Kirche Wien feiert am 15. Juni um 11 Uhr ein Tauffest am Ufer der Alten Donau. Zum Open-Air-Gottesdienst mit Musik und Picknick am Strand sind alle eingeladen, als Täufling, als Gast, mit oder ohne weißem Kleid.
Infos unter: https://www.evang-wien.at/donautaufe