Muttertag in der Fremde
Michael Chalupka würdigt Frauen, die hierzulande Geld für ihre Kinder in der Heimat verdienen
Es ist der letzte Muttertag, den Dalika in Österreich feiern wird. Dalika geht in Pension und kehrt zurück. Vor mehr als 25 Jahren ist sie nach Österreich gekommen, um hier zu arbeiten. Als Hausmädchen, Hotelangestellte und Reinigungskraft. Das Wenige, was sie verdiente, schickte sie nach Hause. Nach Thailand, dort wo ihre Kinder geblieben waren und ihr Mann, der als Minibuschauffeur für Touristen zu wenig verdiente, um den Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen.
Dalika ist nicht allein. Es sind tausende und abertausende Mütter aus den Philippinen oder aus Thailand, aber auch aus den Ländern Osteuropas, die die Kinder anderer betreuen oder ihre Alten pflegen, damit ihre eigenen Familien über die Runden kommen. Das tun sie oft in prekären Arbeitsverhältnissen.
Am morgigen Muttertag finden sie hoffentlich die Zeit und die Möglichkeit, mit ihren Kindern und Enkelkindern zu telefonieren oder sich über Zoom zu sehen.
In der Bibel gibt es beim Propheten Jeremia einen Begriff, der beschreiben soll, wie eine gute Zukunft aussehen kann. Ihr sollt nie mehr „in der Fremde dienen“ müssen, ruft er den Israeliten im Exil zu. Morgen gilt diese Verheißung den Müttern, die in der Fremde ihr Brot verdienen. Zumindest darf ihr Schmerz und das, was sie für unsere Gesellschaften leisten, nicht vergessen werden. Und den nächsten Muttertag feiert Dalika dann bei ihrer Familie nach mehr als 25 Jahren.