Superintendenz Niederösterreich feierte 75-jähriges Bestehen

 
von Evangelischer Pressedienst

Festsitzung im Landtag – Superintendent Müller-Marienburg: Arbeiten für alle, die hier leben und uns brauchen – Landtagspräsident Wilfing: Das Miteinander in die Zukunft tragen

St. Pölten (epdÖ) – Mit einem Festakt im niederösterreichischen Landtag hat die evangelische Superintendenz Niederösterreich am Freitag, 21. Oktober, ihr 75-jähriges Jubiläum gefeiert. Die Festsitzung der Superintendentialversammlung, in der Delegierte aus allen niederösterreichischen Pfarrgemeinden zusammenkommen, bildete den Abschluss der Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr.

Superintendentialkuratorin Malekpour: Hoffnungsvoller Blick in die Zukunft

„Die 75 Jahre waren reich an Arbeit und mancher Unwegsamkeit, aber viel reicher an Freude und Gemeinsamkeit, das wirft einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft“, sagte die niederösterreichische Superintendentialkuratorin Gisela Malekpour, die gemeinsam mit Superintendent Lars Müller-Marienburg an der Spitze der Superintendenz steht und durch die Festsitzung im Landtagssaal führte.

Bischof Chalupka: Hoffnung spenden, die im Evangelium begründet ist

„Die Evangelische Kirche musste sich nach dem Versagen im Zweiten Weltkrieg völlig neu aufstellen“, erinnerte Bischof Michael Chalupka an das Gründungsjahr. Das Jubiläum präge heute Dankbarkeit und Demut, „Dankbarkeit, dass es uns noch gibt, und Demut, dass wir diese Herausforderung angenommen haben“. Der Auftrag der Kirchen sei durch alle Jahrzehnte und Jahrhunderte gleich geblieben: „Trost und Hoffnung spenden, die begründet ist im Evangelium.“ Das gelte in Zeiten multipler Krisen ganz besonders.

Superintendent Müller-Marienburg: Wertschätzendes Zeichen

Dass die kirchliche Festversammlung im Landtagssitzungssaal stattfinden kann – zuletzt war dies 1981 anlässlich der Feiern zum 200-Jahr-Jubiläum des Toleranzpatents der Fall – ist für Superintendent Lars Müller-Marienburg „nicht selbstverständlich, sondern ein wertschätzendes Zeichen, dass das Land die Evangelische Kirche als Partnerin und selbstverständlichen Teil dieses Landes sieht“. Der Auftrag der Kirche ende nicht an den Kirchenmauern. „Auch wenn wir wenige sind, sind wir nicht für uns selbst da, sondern arbeiten für alle, die hier leben und uns brauchen“, so der Superintendent. In der Zusammenarbeit mit dem Land sei es dabei „auch normal, dass wir mitunter abweichende Meinungen haben“.

Landtagspräsident Wilfing: Signal der Verbundenheit

Die Gratulation des Landes überbrachte Landtagspräsident Karl Wilfing, der die erkrankte Landeshauptfrau vertrat. Die Festsitzung im Landtagssaal sieht Wilfing als „Signal der Verbundenheit und des Miteinanders“, das über Jahrzehnte gelebt werde „und das wir auch in die Zukunft tragen wollen“. Schon früh habe der Protestantismus in Niederösterreich Fuß gefasst, der Landtagspräsident erinnerte dabei etwa an die protestantischen Bauherrn der Schallaburg. Die Evangelische Kirche zeichne heute „Gemeinsinn, Verständnis für andere und Verantwortung für die Schöpfung aus“, erklärte Wilfing. In der Gegenwart gebe es eine intensive Zusammenarbeit etwa bei der Renovierung von Kirchen oder im sozialen Bereich mit der Diakonie. Es bleibe Auftrag der Kirchen, Orientierung zu geben, meinte der Landtagspräsident, denn „wer das Glück hat, einen festen Glauben zu haben, tut sich leichter in diesen schwierigen Zeiten“.

Synodenpräsident Krömer: Niederösterreich „überstark repräsentiert“

Die Bedeutung Niederösterreichs in der gesamtösterreichischen Evangelischen Kirche unterstrich Synodenpräsident Peter Krömer, Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher seien hier „überstark repräsentiert“. Der St. Pöltner Rechtsanwalt wies darauf hin, dass die Superintendenz Niederösterreich als einzige in den letzten Jahren deutlich gewachsen sei, denn Pfarrgemeinden am Rand von Wien und im Weinviertel, die ursprünglich zur Superintendenz Wien gehört hatten, wurden in die niederösterreichische Superintendenz integriert.

Superintendent Geist: „Wohlmeinendes Miteinander“

Für den Wiener Superintendenten Matthias Geist, der ebenfalls Glückwünsche zum Jubiläum überbrachte, ist das „eine wohlweislich gut überlegte Entscheidung“, denn vor allem im Umgang mit Behörden sei vieles klarer geworden. Heute bestimme ein „wohlmeinendes Miteinander“ die Zusammenarbeit zwischen den Diözesen.

Lünenbürger-Reidenbach: Solidarisch mit anderen Minderheiten

Die Festrede im Landtagssaal hielt der in Norddeutschland lebende Theologe, Journalist und Pferdezüchter Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach. Er wandte sich deutlich gegen einen „Normalitarismus“, den er als „kleine Schwester des Autoritarismus“ bezeichnete. „Wer von normal redet, ist auf halbem Weg in ein autoritäres System“, sagte Lünenbürger-Reidenbach. Eine liberale Gesellschaft kenne keinen Normalitarismus oder Leitkultur, sondern schaffe „Regeln, die für alle fair sind“.

Die Gesellschaft in Österreich wie in Deutschland sieht Lüdenbürger-Reidenbach am Übergang in die „Minderheitenmehrheit“, dabei helfe die Erfahrung als Minderheit. Aufgabe einer Minderheit wie der Evangelischen Kirche sei es, „in Solidarität mit anderen Minderheiten für Achtsamkeit und Aufmerksamkeit einzutreten, dem Normalitarismus entschlossen entgegenzutreten und die liberale Gesellschaft zu feiern“. Eine Gesellschaft, in der Menschen für ihre Identität einstehen, sei eine „bessere Gesellschaft, die mehr Freiheit für Menschen bietet“. Die Evangelische Kirche könne hier wichtige Treiberin sein, hin zu einer achtsameren Gesellschaft mit Minderheitenmehrheit. Gleichzeitig könne sie Beispiel geben, „dass es nicht schlimm ist, Minderheit zu sein und so Botschafterin einer liberalen Gesellschaft sein“.

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