Ökumenische Sommerakademie: Philipp David ermutigt zu „mehr Vertrauen“
Gießener Theologe über das Vertrauenswagnis in einem „Zeitalter des Misstrauens“
Linz (epdÖ) – „Mehr Vertrauen wagen“ in einem „Zeitalter des Misstrauens“ bzw. eines „alles vergiftenden Vulgärmisstrauens“ – dazu rief der Gießener evangelische Theologe Philipp David in seinem Vortrag bei der 23. Ökumenische Sommerakademie im Stift Kremsmünster auf. Die renommierte Sommertagung vom 13. bis 15. Juli steht in diesem Jahr unter dem Titel „Gesellschaft ohne Vertrauen. Risse im Fundament des Zusammenlebens“.
Im Rahmen seines Eröffnungsvortrags skizzierte David eine „kleine anthropologische Theorie des Vertrauens“, die soziologischen Entwicklungen von vertrauensbasierten Gesellschaften hin zu einem „Zeitalter des Misstrauens“ nachzeichnete. In Europa habe dies u.a. dazu geführt, dass auch ein basales „Gottvertrauen“ nachhaltig gestört sei und an seine Stelle ein „Vulgärmisstrauen“ getreten sei, welches alles mit einem Vorbehalt belege: „Alles ist korrupt. Nichts hat Vertrauen verdient“. Ein solches, durch Sensations- und Skandallust befördertes Misstrauen könne als „nihilistisches Misstrauen“ bezeichnet werden, „das jedes platonisch-christliche Gottvertrauen zerstört“, so der Theologe. Vor diesem Hintergrund nehme Vertrauen „den Charakter des Wagnisses“ an: „Vertrauen schenken und Sich-Trauen verlangt einen Sprung, der alle Absicherungen und Garantien überspringt.“
Einen weiteren thematischen Impuls zum Thema Vertrauen und Autorität bot der Berliner Sozialforscher Jan Wetzel. Vertrauen und Kontrolle würden einander bedingen und dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, so Wetzel. Dies habe u.a. die Corona-Pandemie deutlich werden lassen: Der Staat habe auf die Gefahr eines unsichtbaren Virus reagieren müssen und darauf vertrauen müssen, dass die Bürger ihm vertrauten. Dies bedürfe eines hohen Maßes an Kommunikation, aber auch an Kontrolle und Regulierungen.
Eröffnet wurde die Sommerakademie, an der rund 250 Interessierte teilnahmen, u.a. mit Grußworten vom oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer. Auch Stelzer ortete eine „gewisse pessimistische Grundstimmung“ und schwindendes Vertrauen auch in politische und gesellschaftliche Institutionen. Ohne dieses Vertrauen gebe es jedoch kein funktionierendes demokratisches Zusammenleben, wie Stelzer betonte.
Gruß- und Eröffnungsworte sprachen zudem der Rektor der Katholischen Privatuniversität Linz (KU), Christoph Niemand, die evangelische Superintendentialkuratorin Renate Bauinger sowie der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic als Repräsentant des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ).
Die Sommerakademie wird von der Katholischen Privat-Universität Linz, dem Evangelischen Bildungswerk Oberösterreich, der Kirchenzeitung der Diözese Linz, dem Land Oberösterreich, dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich, dem ORF sowie dem Stift Kremsmünster getragen.
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