Was Hirtinnen zu sagen haben
Julia Schnizlein über Frauen in kirchenleitenden Ämtern
Auf den Tag genau 30 Jahre ist es her, seit die evangelische Kirche in Österreich die erste Frau in ein geistliches Leitungsamt gewählt hat: Pfarrerin Gertraud Knoll wurde Superintendentin im Burgenland. Viel Zeit ist seither vergangen, viel getan hat sich in Sachen Frauen in geistlichen Leitungsämtern aber nicht.
Dabei war es zu Beginn des Christentums unbestritten, dass auch Frauen Kirche leiten und das Evangelium verkündigen können. Man denke nur an Maria von Magdala, die erste Zeugin der Auferstehung und die erste, die einen Verkündigungsauftrag erhielt. Jahrhunderte lang wurde sie als „Apostola Apostolorum“ (Apostelin der Apostel) verehrt, bis ein Mann, nämlich Papst Gregor im 6. Jahrhundert, ihren Ruf zerstörte, indem er sie als Sünderin stigmatisierte.
Auch die Apostelin Junia wurde von Männern aus dem historischen Gedächtnis gelöscht. Während der Apostel Paulus die Verdienste der Junia noch in höchsten Tönen lobte und meinte, sie sei „unter den Aposteln berühmt“, ging man im Mittelalter davon aus, dass es sich beim Namen Junia um einen Schreibfehler handeln müsse. Schließlich könne eine Frau doch keine Apostelin sein. Und so wurde aus Junia ein Junias. Erst im 20. Jahrhundert wurde dieser peinliche Fehler entdeckt und aus Junias wieder eine Frau.
Lange Zeit war in den Köpfen der Menschen das Bild verhaftet, nur Männer könnten zum geistlichen Dienst in der Kirche geeignet sein. Auch die evangelische Kirche, die ja vom „Priestertum ALLER Getauften“ ausgeht, musste sich erst an den Gedanken gewöhnen, dass Jesus Frauen wie Männer zur Verkündigung berufen hatte. So wurden erst im Jahr 1965 Pfarrerinnen offiziell zugelassen, allerdings noch mit erheblichen Einschränkungen. Erst seit 1980 sind sie den männlichen Kollegen gleichgestellt.
Dass Frauen auch in kirchenleitenden Ämtern selbstverständlich sein sollten, will unser Bischof Michael Chalupka nun mit der Predigtreihe „Was Hirtinnen zu sagen haben“ zeigen. Bischöfinnen aus Deutschland und der Schweiz predigen dabei in der Bischofskirche, der Lutherischen Stadtkirche Wien, und berichten von ihren Erfahrungen. Nächster Termin ist zu Pfingsten, am 19.5., mit Kristina Kühnbaum-Schmidt, Bischöfin der Nordkirche. Wer es nicht persönlich schafft, kann sich auch auf YouTube Lutherische Stadtkirche (https://www.youtube.com/) ein Bild machen.