Tiroler Kirchen unterstützen Restaurierung von Thorarolle
Dantine: „Thora eine Gabe des Judentums an das Christentum“
Innsbruck (epdÖ) – Die Kirchen in Tirol und der Bischof Stecher-Gedächtnisverein haben als Zeichen der Verbundenheit mit dem Judentum zur Finanzierung der Restaurierung einer wertvollen jüdischen Thorarolle der Synagoge in Innsbruck beigetragen. Ein sogenannter „Sofer“ (Schreiber) hat in monatelanger Handarbeit die schadhaften Stellen auf der rund 100 Jahre alten Pergamentrolle, aus der im Gottesdienst vorgelesen wird, ausgebessert und unleserlich gewordene hebräische Schriftzeichen Buchstabe für Buchstabe nachgezeichnet, wie der Bischof Stecher-Gedächtnisverein jetzt mitgeteilt hat. Die Restaurierung kostet die Israelitische Kultusgemeinde knapp 13.000 Euro. Das Komitee für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die Diözese Innsbruck, die Evangelische Kirche und der Bischof Stecher-Gedächtnisverein halfen bei der Finanzierung. Über einen gemeinsamen Spendenaufruf sind etwas mehr als 8.000 Euro zusammengekommen.
Der evangelische Superintendent Olivier Dantine und der römisch-katholische Diözesanbischof Hermann Glettler sprechen in der Aussendung von einem „Zeichen der Wertschätzung, der Dankbarkeit und der freundschaftlichen Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinde in Tirol und Vorarlberg“. Für Dantine ist es „durchaus ungewöhnlich, wenn Vertreter christlicher Kirchen zu Spenden für einen liturgischen Gegenstand einer anderen Religion aufrufen“. Allerdings handle es sich nicht um irgendeinen liturgischen Gegenstand. „Nicht nur, dass die Thorarolle ganz zentrale Bedeutung für eine Synagoge hat, die Thora ist eines der verbindenden Elemente von Christen und Juden. So sehen wir die Thora als eine Gabe des Judentums an das Christentum“, sagte Dantine. Über Jahrhunderte hinweg hätten sich Christen gegenüber diesem Geschenk respektlos verhalten. Eine traurige jahrhundertelange Geschichte der christlichen Judenfeindschaft sei die Folge gewesen. „Dagegen setzen wir nun dieses Zeichen der Dankbarkeit, auch im Sinne des in Tirol mittlerweile vertrauensvollen Miteinanders zwischen Juden und Christen“, unterstreicht der Superintendent.
„Wir alle haben von Gott den Auftrag erhalten, uns für die Verständigung und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft aktiv einzusetzen. Ja, wir wollen einander zum Segen werden – auch in Zukunft. Das geht nur durch ein aktives Interesse füreinander und in einer grundlegenden gegenseitigen Wertschätzung“, erklärt Bischof Glettler. Die einzigartige Aktion sei ein starkes Symbol für das neu gewonnene Miteinander von Judentum und Christentum, zeigte sich Günter Lieder, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg, erfreut. Im Jänner soll die Rolle wieder von Wien in die Innsbrucker Synagoge in der Sillgasse zurückkehren.