Schnizlein: „Für Online-Gottesdienst muss man nicht einmal das Bett verlassen“

 
von Evangelischer Pressedienst

InfluencerInnen diskutierten über Religion und soziale Medien

Wien (epdÖ) – Soziale Medien können mehr liefern als nur schöne Bilder. Gerade im religiösen Bereich ermöglichen sie Kommunikation ohne Hierarchieunterschiede. Das haben Influencerinnen und Influencer mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund bei einer Online-Podiumsdiskussion des Forschungsprojekts „YouBeOn“ (Young Believers Online) unterstrichen. Bei der via Zoom geführten Gesprächsrunde am Donnerstag, 20. Jänner, hob die evangelische Pfarrerin Julia Schnizlein einen weiteren Aspekt hervor: „Man muss nicht in die Kirche gehen.“ Denn: Gerade junge Leute kämen oft nicht in den Gottesdienst. Über Medien wie Instagram oder YouTube blieben sie mit der Kirche in Kontakt: „Dazu müssen sie nicht einmal das Bett verlassen.“ Auf ihrem Instagram-Account würden Menschen zudem Fragen über die Kirche oder ihren Beruf stellen, die sie sich sonst nicht zu fragen trauten: „Das ist für mich Kommunikation auf Augenhöhe, so wie ich mein Christsein leben möchte.“ Gerade in der virtuellen Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden merke sie aber: Angebote würden zwar quantitativ mehr genutzt, „sie sind aber auch viel weniger intensiv dabei“.

„Wenn du dich selbst änderst gibt es einen Idioten weniger auf der Welt.“

Der rappende Franziskanerpater Sandesh Manuel ist bereits ein YouTube-Phänomen. Auch auf Instagram, Facebook, TikTok und seiner eigenen Homepage zeigt er sich mit Kutte und Baseballkappe. In der Onlinediskussion betonte er aber, kein „Influencer“ sein zu wollen: „Ich mache das nicht, um Menschen zu beeinflussen. Aber ich möchte teilen. Ob du es nimmst oder nicht ist deine Sache. Aber ich werde weitermachen.“ Sein Motto: „If you change yourself, then there’s one idiot less in the world – Wenn du dich selbst änderst gibt es einen Idioten weniger auf der Welt.“ Dass er mit seiner Musik vor allem junge Menschen anspreche sei ein Irrglaube. Auswertungen zeigten, dass es vor allem Menschen um die 50 seien, die seine Videos ansehen. Auf der Straße wiederum sorge sein Auftreten oft für Irritationen: „Da drehen sich die Leute zweimal um und fragen: Ist das wirklich ein Pfarrer oder ein Halloweenkostüm?“

„Kann ich ein Kopftuch tragen und sagen, ich bin Feministin?“

Um vorgefertigte Rollenbilder geht es auch in der Arbeit der Künstlerin und Influencerin Asma Aiad. Da sie als Frau mit Kopftuch auftrete, meinen viele Menschen, sie müsse Islamexpertin sein oder immer den Islam thematisieren: „Kann ich überhaupt ein Kopftuch tragen und sagen, ich bin Feministin?“ Um Religion gehe es ihr aber gar nicht so sehr. Wenn sie Religion thematisiere, dann aus einer persönlichen Perspektive. Sie wolle vor allem Aufklärungsarbeit leisten und gegen Rassismus kämpfen: „Viele Menschen aus marginalisierten Gruppen sehen in den sozialen Medien Plattformen, um sich auszudrücken, wenn es in den Mainstream-Medien nicht geht.“ Musliminnen würden oft sehr einseitig dargestellt: „Sie bekommen oft nicht die Möglichkeit, über ihre Diversität zu sprechen, dass es die Muslimin, den Islam nicht gibt.“

„Zoom Kippur“ im Lockdown

Die Journalistin Anja Malensek produziert gemeinsam mit Roni Schrenk den Vienna Jewcast. In dem Podcast geht es um persönliche Geschichten aus dem jüdischen Leben. Zuletzt thematisierte sie etwa den „Zoom Kippur“ – die Frage, wie man in Zeiten des Lockdowns den höchsten jüdischen Feiertag entsprechend begehen könne. „Ursprünglich war es für uns am wichtigsten, etwas für die Community, aber auch für uns selbst zu machen.“ Daher habe man mit dem Podcast bislang noch keine große Reichweite angestrebt. Interesse wecken sollen die Gespräche aber auch bei Menschen, „die vielleicht gar nicht wissen, dass es eine liberale jüdische Community in Wien gibt“.

Neue Forschung zum Glaubensleben in sozialen Medien

Durch den Abend führten die Politik- und Religionswissenschaftlerin Astrid Mattes, der Politikwissenschaftler Christoph Novak, und die Religionswissenschaftlerin und Soziologin Katharina Limacher. Der Diskussionsabend diente als Kickoff des religionswissenschaftlichen Projekts „YouBeOn“ (Young Believers Online). Das von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geförderte Projekt will nach Eigendefinition „herausfinden, wie sich das religiöse Leben von jungen Menschen online und offline abspielt“. Alle Infos unter: www.youbeon.eu

Julia Schnizlein auf Instagram
Sandesh Manuel auf YouTube
Asma Aiad auf Instagram
Anja Malenseks Vienna Jewcast Spotify

Weitere Artikel

Nach Oben