Moser: „Pflegeheime haben immer das Bummerl“

 
von Evangelischer Pressedienst

Diakonie-Direktorin gegen permanente Schuldzuweisungen in Coronakrise

Wien (epdÖ) – Ein „Spiel mit der Schuld, in dem die Pflegeheime immer das Bummerl haben“, ortet Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in der laufenden Coronakrise. In einem Gastkommentar für die Tageszeitung Der Standard (Dienstag, 2. Februar) identifiziert Moser fünf „Ohrfeigen“, für die Pflegekräfte seit Ausbruch der Pandemie die Wange hinhalten mussten. Das beginne bei der heftigen Kritik an den strengen Besuchsregelungen zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020, gehe weiter über Schuldzuschreibungen für hohe Fallzahlen, den Aufschrei angesichts der geringen Impfbereitschaft des Personals und der Impfungen etwa für Bürgermeister und münde im Kopfschütteln über weggeworfene Impfdosen.

„Kann nicht Aufgabe der Pflegekräfte sein, über 80-Jährige durchzutelefonieren“

Moser, deren Diakonie selbst zahlreiche Pflegeeinrichtungen betreibt, rückt diese Vorverurteilungen zurecht: Zum Beginn der Impfungen sollten die Heime dafür Verantwortung tragen, dass Impfdosen nicht weggeworfen werden: „Konkrete Vorgaben, an wen übrig bleibende Dosen verimpft werden sollen, gibt es keine. Klar ist nur: Gelieferter Impfstoff kann maximal fünf Tage im heimeigenen Kühlschrank gelagert werden; ist ein Fläschchen angebrochen, muss der Inhalt binnen drei Stunden verimpft werden.“ Es sei nicht zulässig, dass mehr Impfstoff bestellt würde, um „Prominente“ wie Bürgermeister vorzeitig zum Zug kommen zu lassen, betont Moser. Gleichwohl rät sie zu nüchterner Betrachtung: Da die Impfstoffe eine Woche vor Impfung bestellt werden müssten ließe sich nicht vermeiden, dass Dosen übrig blieben. Heimbewohnerinnen und -bewohner könnten in der Zwischenzeit erkranken, andere ihre Entscheidung überdenken. „Es kann nicht die Aufgabe der Pflegekräfte sein, die über 80-Jährigen in einer Gemeinde durchzutelefonieren.“ Daher hätten die Heime ihnen bekannte Personen, „die im Fall des Falles zuverlässig greifbar sind“, auf die Listen gesetzt. Ein Aufschrei war die Folge.

„Fragt Pflegeheime, wie es ihnen geht“

„Skandalisieren ist ja auch einfacher, als Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung übernehmen heißt handeln: unter konkreten Umständen und in unübersichtlichen Situationen, unter Zeitdruck und Zeitknappheit, mit Vorgaben, die aber nicht alles abdecken, angesichts von Dilemmata und der Notwendigkeit abzuwägen, immer in der Gefahr Fehler zu machen“, schreibt Moser. Den Kritikerinnen und Kritikern rät Moser daher: „Bevor ihr aufschreit – fragt die Pflegeheime, wie es ihnen geht. Fragt nach ihrer Situation und den Umständen. Vor allem wenn ihr die Pflegekräfte nicht verlieren wollt.“ Denn gegen deren zunehmende Frustration würde keine Kampagne zur Attraktivierung des Pflegeberufs helfen.

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