Lust auf ein nachhaltiges Leben

Das „Jahr der Schöpfung“ als Booster für eine klimaneutrale Kirche

 
von Martina Schomaker
Umweltwissenschaftler Johannes Tintner-Olifiers.
Umweltwissenschaftler Johannes Tintner-Olifiers.

Handfeste Daten, die den Klimawandel belegen

Gespräche übers Wetter ermüden Johannes Tintner-Olifiers nicht. Ganz im Gegenteil! Der 41-Jährige redet gern und gezielt „übers Wetter“ – salopp formuliert. Konkret spricht der Wiener oft und gern übers Klima, die Umwelt, die Schöpfung. Schon von Berufs wegen: Dr. Tintner-Olifiers ist Umweltwissenschaftler an der BOKU (der Universität für Bodenkultur Wien). Außerdem engagiert er sich ehrenamtlich bei den „Scientists4Future“, einem Zusammenschluss von 1.600 Wissenschaftler-innen und Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen in Österreich, die die Anliegen von Fridays for Future unterstützen. „Als Umwelt-wissenschaftler sehe ich täglich anhand von handfesten Daten, wie sich die klimatischen Bedingungen verschlimmern. Ich kann nicht die Hände in den Schoß legen und später sagen: ‚Ja, ich habe gewusst, dass es eine Katastrophe geben wird, aber ich habe nichts dagegen getan.‘“ – Das passt auch zu seinem neuen Ehrenamt: Johannes Tintner-Olifiers ist einer von drei Botschafter*innen in Wien für das „Jahr der Schöpfung“, das die Evangelischen Kirchen in Österreich für 2022 ausgerufen haben.

Klimaschutz in der Kirche? - "Da ist noch Luft nach oben"

Mit dem „Jahr der Schöpfung“ will die Evangelische Kirche weiteren Schwung für den Klimaschutz in der Kirche und darüber hinausbringen. Es soll ein Aktivjahr werden, in dem es um Aufbruch und neue Gewohnheiten geht, die dem Klima guttun. – Das haben sich auch die insgesamt acht Botschafter*innen aus den Bundesländern und die drei Botschafter*innen aus den Schulen für das „Jahr der Schöpfung“ auf die Fahnen geschrieben. „Die Kirche ist beim Thema Umweltschutz und Klimaneutralität inhaltlich voll dabei, aber im Operativen ist noch Luft nach oben.“, meint Tintner-Olifiers.

„Wir Botschafterinnen und Botschafter wollen nicht nur auf das Themenjahr hinweisen, sondern auch konkret werden. Wir wollen Formate entwickeln, in denen wir Menschen in Aktion bringen. Dabei geht es einerseits um Bewusstseinsbildung in den Pfarrgemeinden und um Abläufe des täglichen, persönlichen Lebens sowie andererseits um die Möglichkeit der Unterstützung bei der Umsetzung von Projekten in den Pfarrgemeinden. Und es geht über die Pfarrgemeinde hinaus, um so genannte Leuchtturmprojekte, den Pfarrgemeinden näher zu bringen.“

Klimaschutz ist nicht "extra" - es steckt in jedem Thema

Als Botschafter für das „Jahr der Schöpfung“ will Johannes Tintner-Olifiers als erstes in Wien eine „Gemeindetour“ machen, um ins Gespräch mit jeder der 21 Evangelischen Pfarrgemeinden A.B. zu kommen. „Ich bin froh, dass in Wien auch die kirchliche Leitung für das Thema brennt, sprich in Person von Superintendent Dr. Matthias Geist und Superintendentialkuratorin Petra Mandl. Außerdem gibt es in Wien eine fundierte Ausgangsbasis für die Schöpfungsarbeit durch die ständigen Wien-weiten Umweltbeauftragten Andrea Kampelmühler und Ralf Dopheide. Auch diözesane Arbeitsbereiche, wie die Kirchenmusik und die Evangelische Jugend Wien möchte Tintner-Olifiers besuchen. „Denn Klimaschutz ist kein Extra-Thema, das als zusätzliche Agenda hinzukommt. Nein, Klimaschutz spielt in jedem Tun und Lassen eine Rolle. Klimaschutz ist integraler Bestandteil von allen Themen. Wir müssen anfangen, Klimaschutz mitzudenken – ganz selbstverständlich und immer.“

Themenjahr als 'Booster'

Das „Jahr der Schöpfung“ sieht der Umweltwissenschaftler als besonderen Impuls. „Wir wissen, dass dieses Thema Klimaschutz und Bewahrung der Schöpfung nicht mehr weggeht. Und wir wissen: Wir sind zu langsam! Meine Hoffnung ist, dass wir in der Evangelischen Kirche dieses Jahr als ‚Booster‘ verwenden, um zu stärken und zu potenzieren, was eh´ schon da ist: das Bewusstsein um eine Schöpfungsverantwortung im Allgemeinen, Initiativen im Konkreten.“

Mit den Menschen ins Gespräch kommen und mit ihnen erarbeiten, wie sie Umweltschutz konkretisieren und aktiv im Alltag leben können – dieses Ziel deckt sich mit den Zielen der „Scientists4Future“. „Wir Scientists sind glaubhaft, weil wir keine politische Agenda verfolgen. Wir sind unabhängig und sachbezogen. Wir trennen Fakten von Meinungen“, sagt Tintner-Olifiers. Als Schöpfungsbotschafter kommt eine neue Dimension für ihn hinzu: „Schöpfungsverantwortung gehört für mich zu meinem Evangelisch-Sein dazu. Als religiöser Mensch habe ich eine zusätzliche, anders verwurzelte Beziehung zur Umwelt: Eine Umwelt, die mir anvertraut wurde, mit der ich mich nicht nur persönlich, sondern auch durch Gott noch einmal zusätzlich verbunden fühle. Nächstenliebe, Selbstliebe, Schöpfungsverantwortung – die drei Punkte sind für mich gleichrangig.“

Vision und Hoffnung: "Ja, wir schaffen das!"

Die Vision, die Tintner-Olifiers für die Zukunft hat, ist klar: „Es wird alles anders werden. Wir stehen vor einem Systemwandel. Viele Gewohnheiten in Ernährung oder Mobilität werden 2040 ganz anders ausschauen.

Schaffen wir das? Ja! Wir schaffen das!“, bleibt der zweifache Vater optimistisch. „Ich möchte Lust auf ein nachhaltiges Leben machen. Ja, bei einer nachhaltigen Lebensweise sind Bequemlichkeiten zu überdenken – aber dadurch wird das Leben nicht schlechter, nur anders. Und meistens sogar: besser!“

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