Kirchliche Kommunikation – digital und analog

Pfarrerinnen und Pfarrer tagten in Kärnten Keutschach am See

 
von Evangelischer Pressedienst

Pfarrerinnen und Pfarrer tagten in Kärnten

Keutschach am See (epdÖ) – „Kommunikation und Medialität“ waren Thema der diesjährigen Pfarrer*innentagung am Hafnersee in Keutschach. Von 29. August bis 1. September trafen sich Pfarrerinnen und Pfarrer mit Expertinnen und Experten zu Weiterbildung und Austausch. Einen ersten Impuls zum Thema gab Barbara Krenn, Leiterin der ORF-Hauptabteilung „Religion und Ethik – multimedial“. Ihr Thema war als Frage formuliert: „Religion und Medien – Braucht der ORF die evangelischen Kirchen?“ Krenn betonte, wie hoch die Relevanz von Religion und damit auch der evangelischen Kirchen in Österreich sei. „Die Stimmen aus den evangelischen Kirchen und Institutionen sind – nicht nur im ORF – stark gefragt, weit über die Sendungen der Religionsabteilung hinaus.“

Als im Zuge des ersten Corona-Lockdowns im März 2020 keine Präsenzgottesdienste mehr möglich waren, sicherte der ORF den Österreicherinnen und Österreichern zu, via TV bzw. Radio und Online an Gottesdiensten teilnehmen zu können. Seither werden jeden Sonn- und Feiertag Gottesdienste unterschiedlicher Traditionen live übertragen. „Was für eine kurze Phase geplant war, hat sich zu einer neuen Zusammenarbeit zwischen der ORF-Religionsabteilung und den Kirchen entwickelt und hat auch vom neuen Generaldirektor des ORF, Roland Weißmann, volle Unterstützung: die Streaming-Gottesdienste auf ORF III“, erläutert Krenn. Die Anzahl der evangelischen Gottesdienste im ORF-Fernsehen konnte vervielfacht werden: Ursprünglich waren es jährlich vier, jetzt sind es bis zu 18, die im ORF-TV übertragen werden. Braucht also der öffentlich-rechtliche Rundfunk die evangelischen Kirchen? Antwort von Barbara Krenn: „Unbedingt – auf alle Fälle!“

„Digitale Kommunikation und sozialer Zusammenhalt“ lautete der Beitrag des Soziologen Uli Meyer von der Johannes Kepler Universität Linz. Er befasste sich vor allem mit Digitalisierung im ländlichen Raum und hinterfragte etliche verallgemeinernde Erzählungen über den vermeintlich unaufhaltsamen digitalen Einfluss für den Alltag. Wichtig sei es, Digitalisierungsprozesse nicht nur zu beginnen, „weil das jetzt jeder macht“, sondern dann, wenn sie in der konkreten Situation nützlich seien. Reine Reproduktionen bzw. Ersatz von geselligem Beisammensein funktioniere allerdings nur temporär, so der Digitalisierungsexperte, und werde sehr schnell wieder durch das „Original“ ersetzt. Digitalisierung ist für Meyer sinnvoll, wenn sie mehr als nur Ersatz ist: „Insbesondere administrative Treffen können extrem vereinfacht werden und digitale Technologien erlauben es, zusätzliche Personenkreise zu erreichen. Insbesondere Jugendliche erreicht man häufig nur noch über spezifische digitale Kanäle.“ Digitalisierung sei nie ein rein technischer Prozess, sondern immer auch ein sozialer.

Für einen reflektierten Umgang mit digitalen Medien

Über „Soziale und ethische Aspekte der digitalen Transformation“ sprach die Philosophin Larissa Krainer von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. „In der Welt der digitalen Medien kann man nicht nur nicht kommunizieren, man kann ebenso wenig nicht partizipieren,“ machte sie zu Beginn klar und präsentierte den Begriff der „Produsage“, einem Mix aus den englischen Wörtern „produce“ und „use“. Damit werde auf das Spannungsfeld hingewiesen, „dass wir in der Welt der digitalen Medien immer sowohl Produzent*innen von Inhalten sind, als auch Nutzende. Früher war die Welt zwischen Produzent*innen von Medieninhalten Rezipient*innen noch weitgehend getrennt.“ Zum vieldiskutierten Thema „Zeitgewinn versus Zeitverlust“ meinte die Medienethikerin: „Unzweifelhaft ersparen uns digitale Medien viel Zeit – etwa, wenn wir rasch etwas suchen.“ Mitunter sei ein Telefonat jedoch effizienter, um einen Termin zu vereinbaren, „als auf WhatsApp hundertmal hin und her zu schreiben“. Krainers persönliches Resümee: „Ich bin ebenso dagegen, digitale Medien zu vergöttlichen, wie sie zu verteufeln, ich bin für einen kritischen Blick und einen reflektierten Umgang mit ihnen.“

Der Theologe Johannes Wischmeyer widmete sich dem Thema „Kirche in der digitalen Gesellschaft“. Er plädierte dafür, innerkirchliche Kommunikation kritisch anzusehen und machte Mut zu Fehleranalysen. Der Leiter der Abteilung „Kirchliche Handlungsfelder“ aus Hannover machte sich dafür stark, Kreativität und Freiräume zu schaffen. „Digitalisierung ist ein großer Motor für Kreativität und Freiräume!“ Eine weitere Chance der Digitalisierung sehe er im Bereich der Transparenz und Partizipation. Dazu präsentierte Wischmeyer eine digitale städtische Landkarte der Württembergischen Landeskirche. Anschaulich und interaktiv zeigt sie, was mit 100 oder weniger Euro Kirchensteuer getan werden kann – oder eben nicht. Er zeigte sich überzeugt: „Mit Digitalisierung können wir mehr gewinnen als verlieren!“

Neben den Vorträgen stießen auch die Arbeitsgruppen auf großes Interesse. Hier zum digitalen Organisationstool „ChurchDesk“ mit der theologischen Referentin des Bischofs, Eva Harasta. Foto: Trojan

Praxiserfahrungen und Austausch

Neben Vorträgen gab es mehrere Arbeitsgruppen: die Podcasts „Kernöl für die Seele“ und „PREDIGTbar“ sowie Erfahrungen mit digitaler Konfi-Arbeit wurden genauso präsentiert und diskutiert, wie die Tools „Communi-App“ und „ChurchDesk“. Mit letzterem können Pfarrgemeinden organisatorische und kommunikative Aufgaben an einem Ort abdecken. Bei „Communi-App“ handelt es sich um eine Art „digitales Schwarzes Brett“ zum Austausch innerhalb der Kirchengemeinde.

Ebenfalls als Referentin zu Wort kam Johanna Mutzl, Trainerin und Präsidentin des ÖAMTC Kärnten. Ihr Vortrag zum Thema „Interne Kommunikation – digital und analog, digital versus analog“ stieß auf großes Interesse. Wann ist es von Vorteil, digital zu kommunizieren? Wann ist es ratsam, sich physisch zusammenzusetzen, um Dinge zu besprechen? Das große Interesse an sämtlichen Vorträgen und den Arbeitsgruppen zeigte, welche Bedeutung dem Themenkomplex Medien und Kommunikation in der Kirche zukommt. Neben aller sinnvoller „digitaler“ Kommunikation zeugte das Miteinander beim Mittagessen, in den Kaffeepausen oder beim Wandern um den Hafnersee davon, wie wichtig weiterhin auch „analoge“ Gemeinschaft ist.

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