Jahr der Barmherzigkeit

 
von Evangelischer Pressedienst

Maria Katharina Moser schöpft Kraft für ein besseres Jahr 2021

Ein neues Jahr hat begonnen. „Gut, dass 2020 vorbei ist“, höre ich viele sagen. Jahreswechsel bedeutet, einen Schlussstrich ziehen unter das, was war, gute Vorsätze fassen und neu anfangen. Doch der Start ins neue Jahr ist heuer anders. Mit bangem Herzen gehen wir ins Jahr 2021. Wir schleppen Corona und seine Folgen mit. Das mit dem Schlussstrich funktioniert nicht. 2020 hat mich müde gemacht, mir droht die Kraft auszugehen. Ermutigung wünsche ich mir und das Vertrauen, dass 2021 besser wird als 2020.

Es ist ein schöner evangelischer ökumenischer Brauch, jedes Jahr unter ein Bibelwort zu stellen, das per Los ausgesucht wird. Und es ist eine gute geistliche Übung, die Losung mit unserem Leben ins Gespräch zu bringen. Die Jahreslosung 2021 ist ein Vers aus dem Lukas-Evangelium: „Jesus Christus spricht: Seid barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist!“

Meine erste Reaktion darauf: Ich werde noch müder. Ich soll mein Herz öffnen für die Not anderer, wo mir doch selber die Kraft auszugehen droht. Und dabei soll auch noch Gott selbst mein Maßstab sein. Was für eine Anforderung!

Ich tippe „barmherzig“ in meine Online-Bibel und erhalte 178 Treffer. Viele Verse erzählen von Gott. Davon, dass Gott treu ist und langmütig, gnädig und nachsichtig mit unseren großen und kleinen ach so menschlichen Fehlern und Schwächen. Dass Gott ein Herz hat, das offen ist für unsere Sorgen und Ängste, und sich unserer annimmt. Im hebräischen Wort für Barmherzigkeit „rachamim“ steckt auch die Bedeutung Mutterschoß, Gebärmutter. Das mittelhochdeutsche Wort „barm” bedeutet ebenfalls „Schoß”. Die Barmherzigkeit Gottes ist wie der Mutterleib: ein sicherer Ort, an dem neues Leben wachsen kann.

Ich schaue wieder auf die Jahreslosung und lese den zweiten Satzteil vor dem ersten: „wie euer Vater barmherzig ist“. Das ist zuerst ein Zuspruch. Noch bevor ich mich irgendwem zuwenden muss, wendet Gott sich mir zu. Ich bin geborgen in Gottes Barmherzigkeit. Bei diesem Gedanken schöpfe ich Kraft für den Neuanfang 2021: Ja, ich will 2021 zu einem Jahr der Barmherzigkeit machen. Und wenn wir 2021 gemeinsam zu einem Jahr der Barmherzigkeit machen, uns nicht einmauern in unserer eigenen Angst und Müdigkeit und Sorge um uns selbst, sondern uns um einander annehmen, wird uns auch die Kraft nicht ausgehen. Weil wir alle geben und empfangen. So können wir die Krise bewältigen, und 2021 kann besser werden als 2020.

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