Einer trage des andern Last
Maria Katharina Moser über die Freude, gemeinsam zu feiern
„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Das war erlebbar beim sommerlichen „Fest des Lebens“ in meiner Pfarrgemeinde in Wien-Simmering. Dieser Vers aus dem Brief des Apostel Paulus war an dem Sonntag, an dem wir das Sommerfest gefeiert haben, der so genannte Wochenspruch und stand daher als eine Art Motto am Anfang Festgottesdienstes.
Es war das erste größere Zusammenkommen der Gemeinde seit Corona. In der Coronakrise hat jede und jeder seine Last zu tragen: Isolation und Einsamkeit; belastendere Arbeitsbedingungen oder Arbeitslosigkeit; Überforderung durch Homeschooling und Homeoffice; eine Covid-Erkrankung. Und dann sind da noch all die anderen Lasten, die wir sowieso durchs Leben schleppen: Leistungsdruck und Erwartungen, die wir an uns selber haben; Schuld, die das Gewissen belastet; Schicksalsschläge, Krankheit und Verluste, die wir (er)tragen müssen; Angst, anderen zur Last zu fallen, die dazu führt, dass wir uns zurückziehen.
„Einer trage des andern Last“, fordert Paulus die Gemeinde in Galatien auf, und er sagt dazu: „so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“. Das Gesetz Christi, es ist so anders als das Gesetz dieser Welt, das da lautet: Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Die eigene Last. Genauso wie jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und selber schauen muss, wo er oder sie bleibt. Ich wurde während Corona immer wieder gefragt: Jetzt hat doch jeder Sorgen, warum sich um andere kümmern oder spenden? Wird das nicht zu viel? Muss man jetzt nicht auf sich selber schauen?
Ich denke, das ist ein Missverständnis. Ich denke, geteilte Last ist leichtere Last. Wenn einer des andern Last trägt, bleibt niemand mit seiner Last alleine.
Das habe ich gespürt beim Festgottesdienst. Der Wochenspruch stand am Anfang – und dann ging es gar viel nicht um Lasten. Wir haben – geimpft, getestet oder genesen – gefeiert: eine Taufe; die Angelobung eines neuen Presbyters; den positiven Asylbescheid für eine Familie aus der Gemeinde; dass die BewohnerInnen aus einer Pflegeeinrichtung der Diakonie im Bezirk wieder am Gemeinschaftsleben teilhaben können. Wir haben gefeiert mit Gebet und Musik, Puppentheater und Jerusalema-Tanz.
Die Last hat ihren Platz, aber sie muss nicht im Zentrum stehen. Wir sind eingeladen als Mühselige und Beladene. Niemand muss sich zurückziehen und zu Hause bleiben, wenn etwas schwer auf der Seele lastet. Gemeinsam feiern ist eine Weise, in der wir des andern Last tragen.