Der Jona-Moment
Michael Chalupka über Propheten der Stunde und Geschichten, die Hoffnung geben
Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimaforschung ist der Prophet der Stunde. Angesichts der Unwetter, der Verwüstungen und Toten in weiten Teilen Deutschlands ist er Studiogast in vielen Nachrichtensendungen und sagt immer wieder, was er seit dreißig Jahren immer wieder sagt. Die Klimakatastrophe ist menschengemacht und erfordert ein radikales Umdenken. Er erinnert mich an die Propheten des Alten Testaments, die oft zusehen mussten, wie sich ihre Prophezeiungen, die als Warnrufe zur Umkehr gemeint waren, bewahrheiteten, weil niemand ihren Warnungen Glauben schenken wollte.
Es gibt allerdings auch eine Ausnahme. Das ist der Prophet Jona. Jona wurde zu den Einwohnern von Ninive gesandt, um sie zur Umkehr von ihrem gewalttätigen Verhalten zu bewegen, das sie ins Verderben führte. Das Unglaubliche geschah. Sie kehrten um, sie änderten sich und entgingen ihrem Schicksal. Gott erwies sich als gnädig, damit hatte selbst Jona nicht gerechnet.
Mir gibt diese Geschichte Hoffnung. Sie erzählt davon, dass Menschen sich ändern können, dass wir uns ändern können und immer wieder eine Chance haben, uns zu erneuern. Was es nun braucht, ist ein Jona-Moment, kein Zögern mehr, kein Zaudern, sondern entschlossene Schritte gegen die Klimakatastrophe. Dazu gehört auch, sich das Versagen einzugestehen, Forscher wie Stefan Rahmstorf Jahrzehnte lang ignoriert zu haben.