Eine Liebesgeschichte

 
von Evangelischer Pressedienst

Michael Chalupka über eine Begegnung am leeren Grab

Papa ist schon lange tot. Heuer werden es 30 Jahre. Rund um Ostern denke ich immer an ihn. Als Kind führte mich der erste Weg nach dem Aufwachen zum Schlafzimmer meiner Eltern. Kaum hatte ich am Ostersonntag die Tür geöffnet, rief mein Vater: „Der Herr ist auferstanden!“ Mutter und ich hatten zu erwidern: „Er ist wahrhaftig auferstanden.“ Mein Vater war kein regelmäßiger Kirchgänger, doch mit diesem österlichen Gruß hatte ihn schon sein Vater geweckt. Die Auferstehung ist für mich also stets mit der elterlichen Liebe verbunden. Deshalb steht sie außer Zweifel.

Dabei ist Auferstehung nicht einfach zu glauben. Das merken wir gerade in den Tagen nach dem Ostersonntag, wenn sich die Trauer über neue Todesnachrichten in die Osterfreude mischt. Tod ist Tod. Das ist unsere Lebenserfahrung. Deshalb wollen die biblischen Erzählungen auch nichts beweisen. Sie erzählen eine Liebesgeschichte.

Maria von Magdala ist die erste am Grab und findet es leer. Die Augen voller Tränen, wendet sie sich an den Gärtner: „Hast du ihn weggetragen?“ Erst als der vermeintliche Gärtner sie mit ihrem Namen anspricht, erkennt sie ihn, will ihm um den Hals fallen. Der Auferstandene wehrt ab: „Berühre mich nicht. Geh und erzähl es den Jüngern.“

Indem Jesus Maria beim Namen nennt, entsteht die Beziehung neu. Da braucht es keine Berührung, keinen Liebesbeweis mehr. Ostern ist eine Liebesgeschichte über den Tod hinaus.

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