Echt jetzt! Fix Oida! – Omar Sarsam eröffnete den „Friedenstag“ in Wien

550 Schülerinnen und Schüler in der Auferstehungskirche

 
von Martina Schomaker
Mann mit Gitarre von hinten, eine Menge aus Jugendlichen im Hintergrund, schaut in die Kamera. Mit Selbstironie und Humor Missstände ins Visier nehmen: Kabarettist Omar Sarsam stimmte in den Friedenstag ein.. Foto: Schomaker
Mit Selbstironie und Humor Missstände ins Visier nehmen: Kabarettist Omar Sarsam stimmte in den Friedenstag ein.

Echt jetzt – es ist Zeit zu handeln: Nicht aus blindem Aktionismus heraus, sondern mit kritischem Blick, neugierigen Fragen und Begegnungen auf Augenhöhe. Dafür sprachen sich die 550 Schülerinnen und Schüler aus dem Evangelischen Religionsunterricht aus, die sich am Mittwoch, 7. Dezember 2022, in der Auferstehungskirche in Wien-Neubau zum „Friedenstag“ trafen. In spannenden Workshops machten sich die jungen Leute von 8.30 bis 13 Uhr schlau: angefangen bei Fake-News über Sexualität bis hin zu Menschenrechten. Neben dem Diskutieren und Informieren stand auch der Austausch untereinander und das gegenseitige Kennenlernen im Mittelpunkt: sei es beim gemeinsamen Trommeln oder beim „Kaffeeklatsch“ über evangelische und islamische Religion mit Jugendlichen der islamischen Fachschule.

Highlight des Vormittags war der Benefiz-Auftritt des Kabarettisten Omar Sarsam, der mit Witz, Charme und Gitarre vom Fremd-Sein, Fremd-Wirken und Mut-Machen erzählte. Sein Song „Es wird schon wieder“ brachte das Anliegen des Friedenstags auf den humoristischen Punkt: Unstimmigkeiten erkennen, dabei aber nicht die Hoffnung verlieren.

Bewegend war der Auftritt von Oleksandr Porovskyy. Der geflüchtete evangelische Pfarrer aus der Ukraine sang eine geistliche Ballade auf Ukrainisch, in der das sich wiederholende, sehnsuchtsvolle „Halleluja“ für Gänsehaut sorgte.

Oleksandr Porovskyy an der Gitarre.

So eingestimmt zogen die 550 Teilnehmenden in die Workshops:

  • Sie lauschten dem berührenden Schicksal der Zeitzeugin Gertraud Fletzberger.
  • Sie schauten den Film „Erde“.
  • Sie tankten Energie beim Trommeln mit Percussion-Lehrer Raymond Walker.
  • Sie gingen Klischees und Vorurteilen auf den Grund im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der islamischen Fachschule im „Orient Café McFriends“.
  • Sie befragten den buddhistischen Mönch Dr. Bhante Seelawansa nach seinem Leben und seinen Lebensweisheiten.
  • Sie wollten mehr wissen über „Sex and Drugs“ – zum einen im Workshop mit Sexualpädagogin Ursula Wilms-Hoffmann. Zum anderen im Gespräch mit dem Suchtexperten Christian Doneis von der Wiener Kriminalpolizei.
  • Sie interessierten sich für die Arbeit von Amnesty International, die Sarah Y. Koch ihnen vorstellte.
  • Sie analysierten Fake-News und machten den Fact-Check bei politischen Bildern mit André Wolf vom Verein Mimikama.

 

Für viele der 550 Jugendlichen war es der erste „Friedenstag“ ihrer Schullaufbahn, da die Großveranstaltung, die ab der 9. Schulstufe angeboten wird, aufgrund der Corona-Pandemie die vergangenen zwei Jahre entfallen musste. „Unser Professor hat uns gesagt, dass hier viele Evangelische sein werden. Aber dass es so viele sind, das haben wir ihm nicht geglaubt“, sagte die Reli-Gruppe der 7. Klasse des BG 13 Fichtnergasse. „Uns hat der Amnesty-Workshop super gefallen. Wir sind begeistert von dem Amnesty-Briefmarathon. Endlich eine Aktion bei der auch wir, als Minderjährige, uns einsetzen können!

Die Reli-Gruppe der 7. Klasse des BG 13 Fichtnergasse ist zum ersten Mal dabei.

Die Reli-Gruppe der 7. Klasse des BG 13 Fichtnergasse war zum ersten Mal dabei.

Für Joachim (15) und Dominik (15) ist es ebenfalls der erste Friedenstag. „Im Fake-News-Workshop war viel Neues für uns dabei. Besonders der Fakten-Check von Fotos, also wo ein Bild aufgenommen wurde und wann, war spannend. Wir haben Geolocation kennengelernt und welche Tools man dafür nehmen kann.“

Den Fake News auf der Spur: Joachim und Dominik fanden "Geolocation" spannend.

Für Lea (16) und Miriam (16) war der Workshop über Sucht und Gewalt interessant: „Wir wussten schon viel. Spannend waren die Fragen von den anderen: Was kann man tun, um aufzuhören? Was kann man unternehmen, wenn es Süchtige in der Familie oder im Freundeskreis gibt?“ Das sei der Vorteil an den großen Workshop-Gruppen, dass immer wer eine gute Frage stelle, so Lea, die sich selbst als introvertiert einschätzt.

„Für mich ist es der zweite und letzte Friedenstag“, sagte Sandra (18). „Ich hab‘ mich voll drauf gefreut. Und ich finde es cool, dass wieder eine Zeitzeugin da ist. Echt bewegend.“

„Ich war gerade im Workshop über Sexualität. Ich hab‘ das meiste zwar schon gewusst, aber es war trotzdem interessant. Es waren viele Jüngere auch dabei, ich glaube, die konnten viel mitnehmen“, fand Tanja (18).

Ein Resümee aus jedem der insgesamt neun Workshops brachte die Reli-Gruppe der 8. Klasse des Kollegiums Kalksburg auf den Punkt.

Die persönlichen Statements zum Abschluss der Veranstaltung ernteten viel Applaus – ebenso wie die Musikeinlagen der Band der Popakademie der JSBM (www.popak.at) und der Dank für den gesamten Friedenstag.

„Es ist Zeit, dass wir nicht nur reden, sondern auch handeln. Echt jetzt! Und zwar ein ‚Echt jetzt‘ mit einem Rufzeichen und nicht mit einem Fragezeichen“, sagte das Orga-Team aus Angelina Ahrens, die evangelische Jugendreferentin für Wien, und Christoph Örley, evangelischer Religionslehrer, auf der Großveranstaltung. „Fragen stellen, neugierig sein, Gemeinschaft erleben und Hoffnung und Mut aus unserem evangelischen Glauben schöpfen“, das seien die Ziele des Friedenstags.

„Wir können was bewirken. – Und mit den Worten von Omar Sarsam unterstrichen: fix Oida“, sagte Superintendent Matthias Geist in seinem Gruß an die Jugendlichen.

Fazit des Vormittags: Wir freuen uns auf den Friedenstag 2023!

Fotos: Evang. Kirche/Schomaker

Hintergrund:

Seit 1988 findet der Evangelische Friedenstag jährlich statt, der von der Evangelischen Jugend Wien und der ARGE Evangelische Religionslehrer*innen an AHS/BMHS organisiert wird. Die Evangelische Jugend Wien und das Evangelische Schulamt Wien sind sich sicher: Workshops, Gespräche mit Zeitzeug*innen, Diskussionen, Spielerisches, Meditatives und gemeinsames Feiern sind wichtige Beiträge zur Gewaltprävention und zur gerechten, zukunftsfähigen Gestaltung der Gesellschaft durch die Jugendlichen.

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