Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Maria Katharina Moser über ein Wiedersehen im Himmel, das nicht für alle tröstlich ist
Die Ehe der Mutter war nicht glücklich, erzählt mir Elke. Der Vater hat die Mutter immer klein gehalten. Als Polier hat er ganz gut verdient – er hat auch gerne was gegeben für Kinder und Enkelkinder. Immer mit großer Geste. Er sollte der sein, der gibt, nicht seine Frau. Aber Elkes Mutter hat trotzdem ihre Wege gefunden, der Tochter und den Enkerln auch etwas zu geben. Wenn sie nach Wien gefahren ist zum Einkaufen, hat sie immer nach Angeboten gesucht und ein paar Groschen eingespart. Die hat sie dann im Socken versteckt und später den Enkerln heimlich zugesteckt. Bei allen Schwierigkeiten mit dem Mann – die Mutter hat sich nie beklagt.
Elke sagt: „Sie hat immer nur an andere gedacht, für alle getan und gemacht, niemals lauthals ihre Meinung vertreten. Das ist erst in der Alzheimerdemenz anders geworden.“ Ja, in der Demenz ist die Mutter sogar ein Stück mehr sie selbst geworden, konnte eigene Wünsche äußern. Selbst auferlegte Schranken sind gefallen. Und so hat sie auch ihre Gefühle gegenüber ihrem Mann zum Ausdruck bringen können, ihren Wunsch, auf Distanz zu ihm zu gehen. Einmal, da hat die Pflegerin im Heim sie aufgefordert, sich zu ihrem Mann zu setzen. „Ist das der Sepp?“, hat sie gefragt. „Nein, zu dem setz ich mich nicht!“
Nach vier gemeinsamen Jahren im Heim ist der Mann gestorben. Elkes Mutter hat noch acht Jahre gelebt. Jetzt ist auch sie gestorben. „Ich frage mich“, sagt Elke, „wie ist das jetzt? Es heißt ja immer, im Himmel, da sehen wir uns alle wieder. Ich finde das keine schöne Vorstellung, dass meine Mutter den Vater im Himmel wieder sehen muss!“
Das bringt mich zum Nachdenken. Es gibt ein Wiedersehen im Himmel – wir sagen das gern und schnell, Trauerenden zum Trost. Aber offensichtlich ist das nicht immer tröstlich. Was kann trösten? Es geht um die Hoffnung, dass Menschen, die uns lieb sind, geborgen sind dort, wo sie jetzt sind. Dass dort, wo sie jetzt sind, das, was hier auf dieser Erde gebrochen war – gebrochene Beziehungen, gebrechliche Körper – heil wird. Die Ewigkeit ist ein guter Ort. Welche Bilder wir uns von Gottes Ewigkeit machen, wer mit welchem Bild etwas anfangen kann, das ist sehr verschieden. Aber wir brauchen sie, diese Bilder. Es ist wichtig für uns, eine Vorstellung zu haben, wo Menschen, die wir lieben, sind und dass es ihnen dort gut geht. Es ist gut, wenn wir uns Bilder machen. Viele Bilder und verschiedene Bilder.
In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen, sagt Jesus. Ich glaube, im Himmel gibt es viel Platz. Elkes Mutter hat dort, wo sie jetzt ist, eine eigene Wohnung. Sie kann ihrem Mann problemlos aus dem Weg gehen. Die Ewigkeit ist ein guter Ort. Das habe ich auch Elke gesagt, und sie war sehr erleichtert.