Diakonie fordert Maßnahmenbündel für Chancengleichheit aller Schüler:innen

 
von Evangelischer Pressedienst

Sozialexperte Schenk schlägt Ganztagsschule und flächendeckenden Chancenindex vor

Wien (epdÖ) – In einer Aussendung anlässlich des bevorstehenden neuen Schuljahres warnt die Diakonie vor schlechten Startbedingungen für viele Kinder zu Schulbeginn.

„60.000 Volksschulkinder und 91.000 Kinder in der Unterstufe leben in einkommensarmen Haushalten. Schultasche, Sportbeutel, Hefte, Stifte, Malfarben und Handarbeitskoffer – schon ein einfaches Startpaket für die Schule kann 100 bis 300 Euro kosten“, erklärt Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich. Dazu kämen noch zusätzliche Kosten. „Je nach Schultyp und Schulstufe müssen zum Beispiel Kopierkosten, Milchgeld oder auch Projekt- und Wandertage sowie Elternvereinsbeiträge finanziert werden. All das macht laut letzter Schulkostenstudie durchschnittlich 1.400 Euro Gesamtausgaben für Volksschule und Unterstufe aus, für die Oberstufe sind es 1.690 Euro“, so Schenk.

„Wenn an der Schule ein guter Förderunterricht organisiert ist, kann der Druck auf privat finanzierte Nachhilfe deutlich gesenkt werden. Wenn es eine gute verschränkte Ganztagsschule gibt, dann reduziert sich die bezahlte Nachhilfequote weiters – zu Gunsten der Chancen armutsbetroffener Kinder“, analysiert Schenk.

Nachhilfe benachteiligt einkommensschwache Familien

Laut einer Umfrage haben 25 Prozent aller Schüler:innen trotz Bedarfs keine bezahlte Nachhilfe erhalten, wobei dieser Wert gegenüber dem Vorjahr 2023 leicht angestiegen ist. 2022 gaben Eltern im Durchschnitt 630 Euro pro Schulkind für Nachhilfe aus, 2023 stiegen die Ausgaben auf 720 Euro und 2024 auf rund 750 Euro pro Schulkind an.

Die Nachhilfekosten würden der Diakonie zufolge das Haushaltseinkommen deutlich belasten. Mehrheitlich ist es für diese Familien eine Kostenfrage (62 Prozent) und die Nachhilfe schlichtweg zu teuer, wie die Umfrage ergab. Bereits 60 Prozent der befragten Eltern geben an, durch die Ausgaben für Nachhilfe sehr oder spürbar finanziell belastet zu sein (2023 waren es 52 Prozent). Nahezu jede zweite Familie (45 Prozent) muss aufgrund der Zusatzausgaben für die Schule sogar auf andere Ausgaben verzichten. „Die Teuerung hat hier kein neues Problem aufgezeigt, sondern ein altes verschärft“, unterstreicht Schenk. Schon in den vergangenen Jahren hatten Eltern den Wunsch, bezahlte Nachhilfe für ihre Kinder zu bekommen, eine solche aber nicht erhalten.

Zudem berichten vier von zehn Eltern, dass sie fachlich nicht mehr helfen können oder von der Materie überfordert sind. Die hohen Nachhilfekosten sowie der große Aufwand außerschulischer Lernbetreuung würden nach Ansicht der Diakonie zeigen, dass in der Schule zu wenig gelernt werde. „Das gehört eigentlich zu den pädagogischen Kernkompetenzen der Schule“, so die Diakonie.

Gemeinsam Einkaufen und Schulausgleichsfonds umsetzen

Schulen könnten gemeinsam Schulmaterialien für ihre Schüler:innen einkaufen und damit günstigere Preise für Schulsachen aushandeln, schlägt die Diakonie vor. Diese Möglichkeit sollte vom Ministerium und den Bildungsdirektionen genützt werden, um die Kosten zu senken. Im Rahmen der Corona-Hilfen war ein Geldtopf in der Höhe von 6,8 Millionen Euro für die Unterstützung von Schulveranstaltungen geschaffen worden. Daraus könnte die Regierung einen Schulausgleichsfonds gestalten, der zukünftig bei einkommensschwachen Schülern:innen die hohen Kosten bei Schulreisen und Schulveranstaltungen mitträgt, empfiehlt die Diakonie.

Für einige Schulen beginnt das dritte Schuljahr mit dem sogenannten Chancenindex. Dieser sieht vor, dass Schulen an benachteiligten Standorten zusätzlich unterstützt werden. „Dass ein gut umgesetzter Chancenindex funktioniert und die Bildungschancen unserer Kinder erhöht, zeigen viele internationale Beispiele – man braucht nur nach Hamburg, in die Niederlande oder auch nach Kanada zu schauen“, betont die evangelische Hilfsorganisation. In Österreich ist das Projekt auf 100 Schulen beschränkt und befristet. „Hier verschwendet die Regierung wertvolle Zeit. Es braucht eine flächendeckende Einführung des Chancenindex in ganz Österreich“, konstatiert Schenk. Wichtig sei, dass benachteiligte Schulstandorte zusätzliche Mittel erhalten, um Schüler:innen zu fördern, so der Psychologe und Sozialexperte.

Die Diakonie hat als Akuthilfe für Kinder ein Spendenkonto eingerichtet. „Alle Schülerinnen und Schüler sollen gleiche Möglichkeiten haben, prinzipiell und gerade jetzt in Teuerungszeiten“, so die Diakonie in ihrer Aussendung.

Diakonie – Hilfe für Kinder und Jugendliche
Erste Bank
IBAN: AT07 2011 1800 8048 8500
BIC: GIBAATWWXXX

Online spenden.

Weitere Artikel

Nach Oben