Der Kirschbaum

 
von Evangelischer Pressedienst

Michael Chalupka über ein Symbol der Lebenskraft

Immer wenn die Kirschen blühen, erinnere ich mich an eine Japanreise im Jahr des Tsunamis vor 10 Jahren. Die Flutwelle, die nach dem Beben am 11. März die Küsten erreichte, war bis zu 16 Meter hoch. 20.000 Menschen kamen in den Fluten um, die Küste war unbewohnbar geworden.

Monate nach dem Tsunami glich die Küstenzone einer Landschaft ohne Leben. Kein Baum, kein Strauch. Mitten drinnen konnte man einen Jogger seine Kreise ziehen sehen. Doch Jun Nguyen-Hatsushiba war kein Sportler, kein Läufer. Er malt mit seinem Körper, indem er läuft.

Jun Nguyen-Hatsushiba, einer der renommiertesten jungen Künstler Asiens, war 2011 zur Triennale von Yokohama eingeladen. „Was kann ein Künstler tun, um auf die Zerstörungen und das Leid der Menschen zu reagieren?“, hatte er sich gefragt. Er begann zu laufen und laufend zu zeichnen. Er und seine Freunde schrieben mit ihrem physischen Einsatz dem Erdboden Kirschblüten ein. Die Bahnen der Läufer wurden über GPS registriert und anschließen visualisiert. Lauf um Lauf, Runde um Runde entstanden Kirschblüte um Kirschblüte. Gemeinsam schufen die Läufer das Bild eines Sakurabaums. Das jährliche Fest der Kirschblüte ist in Japan das große Fest der Hoffnung und des hereinbrechenden Frühlings, und der Kirschbaum ist Symbol für Lebenskraft und Geist. Im Projekt des Künstlers wurde er zum Symbol des Gedenkens der vielen tausenden Opfer, deren Seelen nicht verloren sind.

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