Chalupka: „Reformationstag feiert das Geschenk der Freiheit“
Im Interview mit den Salzburger Nachrichten spricht der lutherische Bischof über Kernpunkte evangelischen Glaubens
Wien (epdÖ) – In einem Interview zum Reformationstag in den Salzburger Nachrichten (Ausgabe 29. Oktober) spricht der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka über die Bedeutung des Reformationstages, Unterschiede zur Römisch-katholischen Kirche, die Prägung durch den Geheimprotestantismus und sein persönliches Gottesbild. Und, trotz sinkender Mitgliederzahlen, von der auch heute noch großen Bedeutung der Kirche, die kein Unternehmen sei, „das sich an Zahlen messen lässt“.
„Im Grunde wird die Wiederentdeckung der biblischen Botschaft gefeiert, dass der Mensch in Freiheit gesetzt ist, dass er durch Gott gerecht geworden ist und damit als Individuum direkt vor Gott treten und mit Gott ins Gespräch kommen kann“, fasst Chalupka die Bedeutung der Reformation zusammen. Mit dieser Freiheit immer verbunden sei aber auch Verantwortung. „Der Reformationstag feiert also das Geschenk der Freiheit und erinnert uns gleichzeitig, dass wir diese Freiheit nur in Verantwortung leben können.“
Im Interview wird auch die oft leidvolle Geschichte der Protestanten in Österreich thematisiert. „Die Geschichte des Geheimprotestantismus ist eine sehr bestimmende Tradition unserer Kirche“, betont Chalupka. 180 Jahre lang überlebte die Evangelische Kirche in Enklaven im Untergrund. „Ohne Pfarrer, ohne regelmäßiges Abendmahl – das prägt bis heute.“ Ebenfalls prägend seien die Migrationsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. „Sehr viele Evangelische aus Siebenbürgen oder dem Banat sind damals nach Österreich geflohen“, erinnert der Bischof.
Allgemeines Priestertum der Gläubigen und Gott im leisen Säuseln
Angesprochen auf den Unterschied zwischen Evangelischer und Katholischer Kirche antwortet Chalupka, dass es etwa „bei uns keine Heiligenverehrung gibt, weil es eben keine Mittler zwischen den Gläubigen und Gott braucht“. Wichtig sei auch, dass Protestanten keine Weiheämter kennen. „Wir gehen davon aus, dass jeder und jede, die getauft sind, das allgemeine Priestertum aller Gläubigen besitzen“, bringt es der Bischof auf den Punkt.
In Bezug auf sinkende Mitgliederzahlen gibt Chalupka zu bedenken, dass es nicht nur um Quantität gehe. „Wenn man nur auf die Austrittszahlen schaut, dann kann man sagen: Ja, wir sind in der Krise“, so seine Antwort. Allerdings sei Kirche „kein Unternehmen, das sich an Zahlen messen lässt“. Und: „Diese Orte, wo Menschen zusammenkommen und Gemeinschaft noch gelebt wird, braucht unsere Gesellschaft dringend. Und unser tiefstes Vertrauen ist: Wir werden die Kirche nicht retten, und wir werden die Welt nicht retten. Das tut immer Jesus Christus.“
Auf die abschließende Frage, wie er sich Gott vorstelle, antwortet Chalupka, man könne sich Gott nur in Bildern vorstellen. Das Bild, das ihm am besten gefällt, finde sich im Alten Testament, wo geschildert wird, wie der Prophet Elias Gott begegnet: Gott war weder im Orkan noch im Wind. Danach jedoch war ein leises Säuseln, „und das war Gott“. Für den Bischof ein schönes Bild dafür, dass Gott alles durchdringt. Um daraufhin einen Blick ins Neue Testament zu werfen: „Damit wir es begreifen und verstehen, ist Gott selbst Mensch geworden – in Jesus Christus.“