„Anders Essen“: Individuelle Verantwortung oder politischer Auftrag?

 
von Evangelischer Pressedienst

Neuer Film veranschaulicht Landverbrauch durch Ernährungsgewohnheiten

Wien (epdÖ) – 4.400 Quadratmeter Ackerland – fast soviel wie ein Fußballfeld – braucht es, um eine Österreicherin oder einen Österreicher satt zu bekommen. Zwei Drittel davon liegen im Ausland. Würde allen Menschen auf der Erde gleich viel Platz zur Verfügung stehen, blieben nur mehr rund 2.200 Quadratmeter übrig. Diese Rechnung liegt dem Film „Anders Essen. Das Experiment“ der österreichischen Regisseure Kurt Langbein und Andrea Ernst zugrunde. Sie zeigen die Folgen der ungleichen Ressourcenverteilung auf, und begleiten drei Familien, die ihren Platzbedarf verringern wollen – unter anderem mit weniger Fleisch und einem Schwerpunkt auf regionale und saisonale Produkte. Am Aschermittwoch, 26. Februar, lud die evangelische Entwicklungshilfeorganisation Brot für die Welt zu einer Vorführung des Films ins Wiener Votivkino. Mit der Regisseurin Andrea Ernst diskutierten im Anschluss der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka und Aleksandra Kolodziejczyk, entwicklungspolitische Referentin von Brot für die Welt in Österreich.

Im Wiener Votivkino diskutierten Bischof Michael Chalupka, Aleksandra Kolodziejczyk von Brot für die Welt und Regisseurin Andrea Ernst unter der Moderation von Karin Brandstötter (v.l.). Foto: Brot für die Welt
Bischof Chalupka: Nicht davon überzeugt, dass Konsument die ganze Macht hat

„Das Paradies war vegan“, schloss sich Chalupka dem Appell des Films an, den eigenen Fleischkonsum als größten Faktor im Verbrauch von Agrarflächen zu reduzieren. Es brauche immer neue Erzählweisen des Problems, bis dessen Auswirkungen nicht nur rational, sondern auch emotional bei den Menschen ankämen. Zugleich sieht Chalupka in dem Film die individuelle Verantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten überbetont: „Dass der Konsument die ganze Macht hat – davon bin ich nicht überzeugt“, so Chalupka. Vielmehr brauche es entsprechende politische Rahmenbedingungen: „Unsere Verhaltensweisen können wir ändern, das ändert aber noch nichts an den Lebensrealitäten derer, die unsere Nahrung anbauen.“

Regisseurin Ernst: Spielen auf beiden Klavieren

Filmemacherin Andrea Ernst hielt dem entgegen, „Anders essen“ spiele „auf beiden Klavieren“, sowohl dem politischen als auch dem der individuellen Verantwortung: „Wir müssen auf beiden Füßen stehen, wenn wir etwas ändern wollen.“ So plädierte sie für eine vermehrte Bildung von Produktionsgenossenschaften, um Handelslobbys zu umgehen. Dennoch nahm sie auch die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Pflicht: „Ich habe zum ersten mal gespürt, welche Fläche an Ackerland für unseren Fleischkonsum nötig ist. Es ist verrückt, dass wir hochwertigstes Soja an Tiere verfüttern, damit wir am Ende ein Stück Fleisch bekommen.“

Expertin Kolodziejczyk: Auswirkungen für Landwirte enorm

Die Folgen des globalen Ungleichgewichts an Landverbrauch für die lokalen Landwirte betonte Brot für die Welt-Expertin Aleksandra Kolodziejczyk. Der größte Anteil an Ackerfläche in den Ländern des globalen Südens werde zum Anbau von Exportprodukten verwendet. Diese Fläche fehle dann für die Versorgung der Bevölkerung. Zudem bräuchten die eingesetzten Hybridsaatmittel große Mengen an Wasser und Pestiziden: „Die gesundheitlichen Auswirkungen sind enorm.“ Kolodziejczyk forderte mehr Maßnahmen zum Wissen darüber, wie unsere Nahrung produziert werde. Eine Umstellung der eigenen Lebensgewohnheiten – etwa auf vegane Ernährung – sei zudem oft auch eine kulturelle Frage: „Da gibt es viele Widerstände.“

Der Film und Unterrichtsmaterialien dazu werden für Veranstaltungen und den Schulunterricht zur Verfügung gestellt (https://langbein-partner.com).

Weitere Artikel

Nach Oben