Rotraut Perner zu Gast in Lutherischer Stadtkirche

Die Psychotherapeutin und Pfarrerin über ihr Leben und ihre Arbeit

 
von Martina Schomaker
Rotraud Pernser und Udo Bachmair im Gespräch.
Die bekannte Psychotherapeutin, Buchautorin und ehrenamtliche Pfarrerin Rotraut Perner war in der Reihe "Gemeinde im Gespräch" zu Gast in der Lutherischen Stadtkirche in Wien.

Die bekannte Psychotherapeutin, Buchautorin und ehrenamtliche Pfarrerin Rotraut Perner war am 12. Mai in der Reihe „Gemeinde im Gespräch“ zu Gast in der Lutherischen Stadtkirche in Wien. Ein Gespräch über Angst, Gewalt, Burnout und Perners Zugang zur Religion.

Von der wichtigen Rolle des Vertrauens spricht Rotraud Perner in Zusammenhang mit Ängsten und Glauben. „Wenn ich Angst habe – und ich habe ja auch Angst – dann ist es für mich wichtig, dass ich etwas gegen die Angst mache, denn sie verengt mich. Um aus der Angst rauszukommen, brauche ich Vertrauen. Vertrauen heißt für mich, dass ich mir bewusst mache, dass ich nicht selbst die Macht habe, mein Schicksal zu lenken“, sagt Perner. Und sie erzählt ein Beispiel aus ihrem Theologiestudium. „Im Studium waren Prüfungen dabei, vor denen ich richtig Angst hatte, da habe ich mir selber nicht vertraut. Da bin ich dann draufgekommen, dass es mir hilft, vorher den Psalm 23 zu beten. Wenn ich den bete, werde ich ganz ruhig. Da habe ich das Gefühl, jetzt sind die Engel bei mir.“ Die Psychotherapeutin will das nicht als allgemeines Rezept gegen die Angst verstanden wissen. Sie könne nur ansprechen, wie sich Angst anfühle und betont, dass es wichtig sei, in diesen Momenten auf den Körper zu achten, auf den körperlichen Zustand. Mache man sich dies bewusst, wisse man zwar trotzdem nicht, was in den nächsten Augenblicken passieren wird, „aber ich kann mir dann vertrauen und hoffnungsvoll sein“.

In ihrer Arbeit als Psychotherapeutin beschäftigt sich Perner sehr intensiv mit dem Thema Gewaltprävention. „Gewaltprävention bedeutet vor allem, Modelle zu haben, dass, wenn ich merke, dass Gewalt entsteht, ich nicht mitspiele, sondern die Atmosphäre entlade“, so die ehrenamtliche Pfarrerin. Dazu gehöre es auch, auf Aggression und Gewalt in der Sprache zu verzichten. „Dadurch, dass ich so viel geschrieben habe, fallen mir oft Bonmots ein, aber ich verzichte mittlerweile darauf. Das ist neu für mich. Wenn ich merke, da werde ich spitzzüngig oder boshaft, dann verzichte ich darauf.“ Besonders in der Politik sei Gewalt und Sprache ständig Thema, weiß Perner, die selber lange Zeit politisch aktiv war.

Als eine „gesunde Reaktion auf ungesunde Zustände“ definiert Perner das Phänomen „Burnout“. Hintergrund sei, dass immer weniger Leute in immer weniger Zeit immer mehr Arbeit bewältigen sollen, oftmals mit technischen Hilfsmitteln. Als Konsequenz würden Menschen verlernen, zu fühlen und zu lieben. „Ich denke, diese Zustände der Erschöpfung unterscheiden sich von den normalen Zuständen der Erschöpfung. Oft hat man aber keine Möglichkeit, Job oder Familie zu wechseln. Alles wird so eng und dicht, deswegen glaube ich, dass Religion und Glaube ein Heilmittel für Leute werden kann, die sich die Zeit nehmen, um in sich selbst hineinzuhören, um mit Gott ins Gespräch zu treten.“ Perner zeigte sich überzeugt, dass es wichtig sei, sich diese Zeit zu gönnen und nachzufühlen: „Ist das gottgewollt, was ich mache, oder ist das von jemand anderen gewollt?“

Sie selbst stammt aus einem atheistischen Haushalt und wurde „nur aus Versehen katholisch getauft“, erzählt Perner. Zur evangelischen Kirche kam sie durch ihren Mann, der evangelisch war. Anlässlich der Eheschließung konvertierte sie, ohne einen direkten Bezug zu haben. Das änderte sich erst viele Jahre später. Von einer befreundeten Gesprächstherapeutin erhielt sie ein Heft, indem das Friedensgebet abgedruckt war, das Franz von Assisi zugeschrieben wird. „Das ist mir gleich ins Herz gegangen, seitdem trage ich es immer bei mir. Ich habe es damals aus vollem Herzen gebetet, obwohl ich vorher kaum gebetet habe.“ Dieses Friedensgebet sei im Laufe der Zeit für ihr Leben bestimmend geworden. Zum Theologiestudium sei sie durch das Begräbnis ihres Mannes gekommen. „Mir hat die Beerdigung nicht gefallen. Da bin ich zum verstorbenen Superintendenten Paul Weiland gegangen und habe gesagt: ‚Das kann ich besser‘.“ Dieser habe ihr dann empfohlen, Theologie zu studieren. Vor wenigen Monaten schloss Perner das Studium mit einem „Master of Theology“ ab, Mitte April wurde sie in Mödling zur ehrenamtlichen Pfarrerin ordiniert. Derzeit arbeitet sie am Aufbau einer Evangelischen Hochschulseelsorge in Niederösterreich. Moderiert hat das Gespräch in der Lutherischen Stadtkirche der Journalist und Präsident der Vereinigung für Medienkultur, Udo Bachmair.

 

Text und Foto: epdÖ

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