Siegfried-Tagesen-Haus: Wiedereröffnetes Schülerheim nach Wiener Evangelischen benannt
Früheres "Erholungsheim für Wiener Waisenkinder" ist nun topmodernes Schülerheim - dank des Evangelischen Waisenversorgungsvereins
Als 1906 an prominenter Stelle auf einem Hang direkt über dem Ortskern von Bad Goisern der Spaten zum Bau eines Erholungsheimes für Wiener Waisenkinder angesetzt wurde, konnte noch niemand ahnen, welch wechselvolle Geschichte das Haus nehmen würde. Heute dürfen wir mit Freude mitteilen, dass nach Waisenhaus, Lazarett, Brand und Plünderung heute an jenem Hang das vermutlich modernste Schülerheim Österreichs steht.
In einer einjährigen Umbau- und Renovierungsphase wurde das Haus nahezu total entkernt und neu aufgebaut. Neue, bequeme Zweibettzimmer mit Hotelkomfort trennen den Privatbereich von sonnigen, geräumigen Gemeinschaftsräumen. Der Hauseingang wurde verlegt, Küche, Zentralgarderobe und Stiegenhaus sind komplett neu gestaltet und das Haus mit einem Lift barrierefrei ausgerüstet. Besonders wichtig waren aber die unsichtbaren Bestandteile der Haustechnik wie Lüftung, Trinkwasser- und Elektroinstallation, aber auch Brandschutz und Sicherheitstechnik nach neuestem Stand. Wichtig war aber auch, das Erscheinungsbild erhalten und das Haus fügt sich wie gewohnt in das Ortsbild ein. Mit viel Liebe zum Detail gestaltet wurde das neue Zuhause von unseren Kindern mit Staunen erstmals zu Ostern begutachtet und am 15.06.2022 erfolgte in Anwesenheit von Vertretern des Landes Oberösterreich, der Gemeinde Bad Goisern und der Evangelischen Kirche die offizielle Wiedereröffnung. Herr Geschäftsführer Dipl.Päd. Hans Gamsjäger und sein Team freuen sich, Interessentinnen und Interessenten nach Anmeldung jederzeit vor Ort begrüßen zu dürfen.
Namensgeber für das Haus ist Dr. Siegfried Tagesen, der von 1976 bis 2019 Obmann des Evangelischen Waisenversorungsvereins war und seit 2019 Ehrenpräsident ist.
Weitere Informationen zum Evangelischen Waisenversorungsverein (EWV) unter www.waisenversorgungsverein.org
Die wechselvolle Geschichte des Hauses
Nach Auszug aus dem Grundbuch der Gemeinde Bad Goisern wurde die Liegenschaft E.Zl. 415 im April 1906 vom Evangelischen Waisenversorgungsverein erworben und darauf das Haus Nr. 253 erbaut. Obmann Ludwig Wittgenstein wollte „seinen“ Wiener Waisenkindern aus dem Waisenhaus in der Hamburgerstraße eine Erholungsmöglichkeit auf dem Lande bieten. Das neue Haus wurde im Jahr 1907 eingeweiht und als „Evangelisches Waisenhaus“ bekannt. Es setzte darüber hinaus in großem Stil eine Tradition fort, die sich bereits zehn Jahre vorher in Bad Goisern nachweisen lässt. Seit damals nahm das Pfarrhaus der Familie Wehrenfennig gegen Kostgeld Pfleglinge des Waisenversorgungsvereines auf. 1903 waren es vermutlich bis zu 18 privat untergebrachte Kinder.
Seinen Zweck erfüllte das neue Haus bis zum 12.5.1939, an dem es mit Bescheid des Reichskommissars der NS Volkswohlfahrt Berlin übergeben werden musste und als Erziehungsheim benutzt wurde. Ab 1942 diente es als Lazarett und direkt nach Kriegsende 1945 wurden ehemalige KZ-Insassen hier einquartiert. Im Mai 1946 brannte schließlich der Dachstuhl vermutlich in Folge von Brandlegung ab. Das Haus stand danach längere Zeit ohne Dach und wurde mehrfach ausgeplündert. Über Initiative der Oberösterreichischen Landesregierung und im Auftrag der Besatzungsmacht wurde das Haus durch die Gemeinde wieder gedeckt und kurz danach dem wieder ins Leben gerufenen EWV übergeben. Am 18.10.1947 konnte der EWV seine Arbeit hier mit diesem Haus wieder beginnen.
Die Einrichtung war eine Spende des Hilfswerkes der Evangelischen Kirchen der Schweiz HEKS, der Garten wurde als Gemüseanbaufläche genutzt, die Küchenabfälle versorgten zwei Schweine, die wiederum von Zeit zu Zeit die Küche „bereicherten“ und die Öfen wurden mit Holz befeuert. 1968 erhielt das Haus eine Zentralheizung. Durch Spenden der Goiserer Bevölkerung und Unterstützung der Landesregierung konnten ein Fußballplatz und ein Tennisplatz realisiert werden. Seit dieser Zeit wurden laufend Renovierungsarbeiten am Haus durchgeführt. Besonders in den Jahren 1970-72 erfolgte eine grundlegende Überarbeitung, für die großteils das Land Oberösterreich aufkam. Die künstlerische Ausgestaltung, die großen Wandbilder, wurde damals von Herrn Prof. Kurt Kranner inmitten der Kinder, die ihn bei seiner Arbeit begleiteten und begeisterten, ausgeführt. Am 26.09.1972 feierte der EWV im neu renovierten Haus in Bad Goisern in Anwesenheit des Oberösterreichischen Landeshauptmannes Dr. Erwin Wenzl, des Obmannes Dr. Harald Tichy und des Wiener Superintendenten Georg Traar sein 110-Jahr-Jubiläum.
1994 folgte in nur dreimonatiger Bauzeit wiederum eine Generalsanierung. Dabei wurden Wohn- und Schlafräume, Bäder und Lernräume neu und für die Anforderungen dieser Jahre zeitgemäß gestaltet. Diese beiden vorangegangenen Renovierungen waren nicht so umfangreich wie die Generalsanierung 2021-2022. In einer einjährigen Umbau- und Renovierungsphase wurde das Haus nahezu total entkernt und neu aufgebaut. Neue, bequeme Zweibettzimmer mit Hotelkomfort trennen den Privatbereich von sonnigen, geräumigen Gemeinschaftsräumen. Der Hauseingang wurde verlegt, Küche, Zentralgarderobe und Stiegenhaus sind komplett neu gestaltet und das Haus mit einem Lift barrierefrei ausgerüstet. Besonders wichtig waren aber die unsichtbaren Bestandteile der Haustechnik wie Lüftung, Trinkwasser- und Elektroinstallation, aber auch Brandschutz und Sicherheitstechnik nach neuestem Stand.
Dieses Projekt ist der Beweis, dass man Dinge nicht nur gut, sondern besser machen kann. Nicht nur die Bedürfnisse unserer Kinder und Mitarbeiter und die Anforderungen der Behörden, sondern auch die wirtschaftliche Wirksamkeit auf lokaler und regionaler Ebene waren uns ein Anliegen. Nicht nur die moderne, zukunftsfähige Ausstattung, sondern auch das Bewahren der Bausubstanz, das Einfügen in das Ortsbild waren gefragt. Nicht nur der Einbezug von Licht und Luft in das Innere, sondern auch die Dynamik des Wechsels zwischen innen und außen über einen neuen Haupteingang, eine neue Zentralgarderobe verstärken die Einbindung des Hauses in die Umgebung. Nicht die Abschottung, die Öffnung zum Geschehen in der Umgebung war und ist das Ziel.
Es ist nicht selbstverständlich, dass ein großes Vorhaben innerhalb der vorgesehenen Zeit unter kritischen Rahmenbedingungen derart positiv abgeschlossen wird. Der Dank dafür gebührt unseren Architekten, Herrn DI Armin Kefer und Herrn Ing. Bernhard Wagner, sowie all den engagierten ausführenden und beratenden Firmen unter ihrer Anleitung. Der Dank gebührt aber auch Herrn Geschäftsführer Dipl.Päd. Hans Gamsjäger und seinem Team, die die Kinder in ihrem Ausweichquartier genauso intensiv wie im eigenen Haus betreut haben und zeitgleich auch immer zwei Hände zum Zugreifen bei Bauangelegenheiten hatten. Dank geht auch an unser Ausweichquartier, das Luise-Wehrenfennig-Haus der Evangelischen Jugend und seinen Geschäftsführer, Herrn Kersten Hüttel-Buttinger, für die zuvorkommende Behandlung während des Exils von Kindern und Team.
Besonders und zuletzt ist dem Vereinsvorstand zu danken, der ehrenamtlich und somit unentgeltlich dieses Projekt entworfen und getragen hat. Insbesondere gebührt Dank Herrn DI Christoph Thetter, der Woche um Woche als Architekt und Vorstandsmitglied auf der Baustelle Ansprechpartner für alle großen und kleinen Anliegen war, um das Projekt positiv abschließen zu können.
Die feierliche Wiedereröffnung fand am 15.06.2022 in Beisein von Herrn Abg. zum Landtag BGM Rudolf Raffelsberger in Vertretung des Herrn Landeshauptmannes von OÖ statt, dem herzlich für die großzügige Unterstützung des Vorhabens durch das Land OÖ zu danken ist. Herr Geschäftsführer Dipl.Päd. Hans Gamsjäger und sein Team freuen sich, Interessentinnen und Interessenten nach Anmeldung jederzeit vor Ort begrüßen zu dürfen.