Bericht des Superintendenten - April 2016

- es gilt das gesprochene Wort -

 

Bericht des Superintendenten
Wiener Superintendentialversammlung am 23.4.2016

„Damit wir klug werden, sagen wir, was wir nicht wissen.
  Damit wir klug werden, hören wir auf Gottes Menschenwort.
  Damit wir klug werden, sehen wir nicht alles so verbissen.
  Damit wir klug werden, laufen wir vorm Widerspruch nicht fort.“

                                                                                          Sybille Fritsch

 

1) Menschen, Namen, Gesichter, Aufgaben, Abschied und Neuanfang

Dazu siehe Tischvorlage PERSONALIA

 

2) Leben in Räumen, Strukturen, Beziehungen und Konflikten

a)  Es ist schön, von neuen Räumen berichten zu können.

- Der neue Kindergarten Citygate in der Wagramerstraße 21.Bezirk

- Das neue Gymnasium in der Maculanstraße in Donaustadt

- Der neue Gemeindesaal in der Johanneskirche Liesing

- Das neue Jugendcafe in der Hamburgerstraße

- Die neue Lounge in der Superintendentur

- Der Abschluss der Barrierefreiheit für die Beratungsstelle in H 3

 

b)  Die Pfarrgemeinde Schwechat wechselte mit 1.9.2015 zur Diözese NÖ.

- Die Verabschiedung des Gemeindezentrums ARCHE steht kurz bevor.

- Das Projekt einer regionalen Zusammenarbeit von 5 Gemeinden im

  Südwesten von Wien ist zuversichtlich unterwegs ...

 

c)  In der Pfarrgemeinde Landstrasse ist ein langer und schwerer Konflikt zwischen ehemals maßgeblichen Presbytern und dem damaligen Pfarrerehepaar zu Ende gegangen.

Ich bin ersucht worden, dies im Sinne einer offenen Kommunikation und solidarischen Gemeinschaft im Rahmen unserer heutigen Versammlung  als  - wenn auch schmerzliche - Lerngeschichte für uns alle zu berichten.

 

Im September 2011 wurde das aus der Rheinischen Landeskirche kommende Pfarrerehepaar Thomas und Anja Fresia vom OKR mit einem für 5 Jahre befristeten Amtsauftrag der Gemeinde zugeteilt, worüber die Freude auf beiden Seiten groß war. Der neue Aufbruch im Gemeindeleben der folgenden Zeit und die Signale nach außen waren äußerst positiv.

Wie sich die interne Kommunikation im Lauf der Zeit enwickelte, entzieht sich meiner Kenntnis. Um die neue Situation vor Ort kennenzulernen, beschloß der Sup.ausschuss im Frühjahr 2014, eine Kurzvisitation im Herbst durchzuführen. Unabhängig davon gab es offensichtlich im Sommer jenes Jahres einen schweren Vertrauensbruch zwischen einigen Presbytern und dem amtsführenden Pfarrer, insbesondere in Angelegenheiten des von der Pfarrgemeinde geführten Kindergartens.

Darauf suchte dieser das Gespräch mit Senior und Superintendent.

 

Auch beim Planungsgespräch zur Visitation war die vorhandene Spannung nun zu spüren. Bei der Prebytersitzung im Oktober 2014 kam manches offen zur Sprache. Ein Supervisor hatte bereits die vorhergehende Klausur des Gremiums begleitet. Von da an war der Sup.ausschuss, vor allem Superintendent, Superintendentialkuratorin und Senior intensiv an der Begleitung des Konflikts beteiligt. Ebenso mühte sich ein Mediator um die  Klärung der verfahrenen Kommunikation. Des weiteren brachte das Pfarrerehepaar für die Zukunft drei Optionen ins Gespräch: 

a) Das Presbyterium tritt zurück. 

b)  Das Pfarrerehepaar verlässt die Gemeinde.

c) Sowohl das Presbyterium als auch die Pfarrer beenden ihren Dienst und ermöglichen damit einen Neubeginn in der Gemeinde.

In der Sitzung der Gemeindevertretung am 9.März 2015 ließen wir ein Meinungsbild erheben, wer an der Weiterarbeit des Pfarrerehepaars in dieser Gemeinde interessiert war. Das Ergebnis war eindeutig: Von 27 Stimmberechtigten wurde die Frage von 22 Mitgliedern mit JA beantwortet. In der darauffolgenden GV-Sitzung am 9.April traten nach längerer Diskussion 11 von 12 Presbytern zurück, was doch ein gewisses Schockerlebnis darstellte. Am 6.Mai wurde dann ein neues Prebyterium gewählt. Damit schien für uns im Sup.ausschuss als auch für die Pfarrgemeinde ein neues Durchstarten gegeben. Umso erstaunter waren wir alle, als am 27.Mai die Nachricht vom Pfarrerehepaar kam, dass sie ihre Arbeit in Wien beenden wollen und den OKR um vorzeitige Auflösung ihres Amtsauftrags ersuchen werden. Damit hatte zu diesem Zeitpunkt wohl niemand mehr gerechnet. Die Frustration war daher nach all den Bemühungen um eine Lösung des Konflikts verständlich.

Und erst vor kurzem haben 7 ehemalige Presbyter auch ihr Amt als Gemeindevertreter zurückgelegt.... Sowohl der beauftragte Administrator als auch der neue Kurator samt Presbyterium sind in keiner leichten Phase der Pfarrgemeinde. Immerhin wurde als erste Konsequenz die professionelle Führung des Kindergartens an die Diakonie Bildung übergeben, was eine gewisse Entlastung für die Zukunft bedeutet.

Abschließend zu diesem Punkt möchte ich gern meinen geschätzten Lehrer im Kirchenrecht, Prof. Albert Stein, zitieren:

 „In der Kirche einen Konflikt miterleben zu müssen, kann der Anlaß zu einem schmerzlichen Leiden an der Kirche werden ... Konflikte in der Kirche stellen uns die geistliche Aufgabe, mit ihnen in einer Weise umzugehen, die der Sache der Kirche gemäß und ihrem Auftrag zu dienen versucht ... Ob wir Menschen wirklich Konflikte beseitigen können, liegt nicht allein an unserem Wollen und Laufen … Auch für das beste Bemühen beibt der Erfolg der Konfliktbehebung offen. Scheitern liegt auch hier nahe. Aber Gottes Wille zur „Gerechtmachung des Gottlosen“ und die Verheißung seiner zurechtbringenden Güte hört auch da nicht auf, wo unsere kirchlichen Konflikte uns den christlichen Umgang miteinander schwermachen. Als kirchenrechtliches Problem ebenso wie als kirchlicher Lebensvollzug bleibt der Versuch der Konfliktbewältigung unter dem Regenbogen seiner Verheißung.“ (in: AMT und GEMEINDE  Heft 7 / 1991)

 

3) Aus den Jahresberichten der Pfarrgemeinden

Im vergangenen Jahr wurde in vielen Gemeinden das Jahresthema unserer Kirche  BILDUNG  intensiv und mit vielfältigen Angeboten behandelt. Da und dort wurden Gottesdienstreihen veranstaltet, fanden Seminare, Workshops, Diskussionen für Erwachsene statt, wurde in den Gemeindezeitungen darüber geschrieben. Insgesamt wurde damit ein  wichtiger protestantischer Schwerpunkt beleuchtet, der nicht nur in der österreichischen Gesellschaft, sondern global von enormer Bedeutung ist.

Auch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit war ein Anliegen, so z.B. in der Inneren Stadt, wo eine Gedenktafel in der Kirche angebracht und eine Broschüre herausgegeben wurde mit dem Titel „Irrtum und Erkenntnis“. Pfarrerin Ines Knoll schreibt im Vorwort: „Unsere Pfarrgemeinde hat sich auch auf einen Weg begeben, Erkenntnisse zu ziehen aus dem Irrtum, der auch hier in dieser Gemeinde der Lutherischen Stadtkirche geschehen ist in der Zeit des Nationalsozialismus. In Anerkenntnis der Schuld, die begangen worden ist in Gedanken, Worten und Werken, leben wir so den Wunsch, uns mahnen zu lassen für alles Zukunft. Die wir gestalten, ein jeder Mensch und du und ich.“

In Floridsdorf beging man am 7.11. eine „Nacht des Gedenkens“ an jene Zeit, mit Interesse besucht von Konfis, deren Eltern und Jugendlichen.

In Döbling ist im Jahresbericht zu lesen: „Die Seelenzahl ist wieder etwas gestiegen, wir sind eine wachsende Gemeinde. Die Zahl der Taufen übertrifft diesmal die Anzahl der Beerdigungen, außerdem waren zwei Erwachsene dabei die sich taufen ließen. Trauungen sind auch wieder etwas mehr. Die Konfirmandenzahl ist eine schöne Gruppe. Die Anzahl der Wegzüge ist etwas gesunken, und die der Zuzüge etwas gestiegen. Leider ist die Zahl der Eintritte immer noch geringer als die Zahl der Austritte, doch die Austritte sind insgesamt gesunken.“

Auch in Währing und Hernals wird Erfreuliches, Ermutigendes berichtet:

„Die Zahl der Taufen, Trauungen und Eintritte sind gestiegen. Es tut gut, wenn etwas gelingt. Es tut gut, wenn unsere Arbeit anderen zugute kommt, unser Einsatz angenommen wird. Was wir dabei nicht aus dem Blick verlieren sollten: egal, wie aktiv wir uns einbringen, wir sind auch bedürftige Wesen, die nicht alles aus sich selbst heraus bewirken können. Wir sind nicht nur aufeinander angewiesen, sondern vor allem auf unseren Gott, der in allem wirkt, der allen und allem seinen Geist gibt. Sinn in allem tun stiftet... Wir sind als Gemeinde auf dem Weg, in Bewegung, im Aufbruch. Um nicht stehen zu bleiben, sich weiter zu entwickeln, braucht es immer wieder einmal den Mut hinzuschauen, zu hören, was die Bedürfnisse der Menschen sind und danach Bewährtes zu bewahren und Neues zu wagen. Dazu gehört der Mut, sich von manchem zu verabschieden, um eine Neuorientierung, Neugestaltung möglich zu machen.“

Für die Sorgen mit Renovierungsarbeiten, die keine Ende nehmen, steht exemplarisch der Bericht aus Hietzing, wo u.a. aufgrund eines Besuchs der MA 36 die komplette Elektrik im Kindergarten zu erneuern ist, aber auch andere dringende Arbeiten an Gebäuden notwendig sind. Das kostet nicht nur Geld, sondern auch  Zeit und Nerven für Haupt- und Ehrenamtliche.

Das Leben in den Pfarrgemeinden ist äußerst vielfältig: Kinder- und Jugendarbeit, Seelsorge und Diakonie, Gottesdienste und Kirchenmusik, Bibelkreise und Erwachsenenbildung, Wanderungen und Reisen, Flohmärkte, Besprechungen und Gremien aller Arten, Feste und Feiern, ökumenische Kontakte und vieles, vieles mehr ….

 

Ich schließe meinen Bericht mit einem herzlichen DANK an alle, die das Leben in unserer Sup.gemeinde Wien mitgestalten!

 

EIN LIED – TEXT

 

1. Gott baut ein Haus, das lebt, aus lauter bunten Steinen,

    aus großen und aus kleinen, eins, das lebendig ist.

 

2. Gott baut ein Haus, das lebt. Wir selber sind die Steine,

    sind große und auch kleine, du, ich und jeder Christ.

 

3. Gott baut ein Haus, das lebt, aus ganz, ganz vielen Leuten,

    die in verschiednen Zeiten hörten von Jesus Christ.

 

4. Gott baut ein Haus, das lebt. Er selbst weist dir die Stelle

    in Ecke, Mauer, Schwelle, da wo du nötig bist.

 

5. Gott baut ein Haus, das lebt. Er gibt dir auch das Können,

    lässt dir den Auftrag nennen, damit du nützlich bist.

 

6. Gott baut ein Haus, das lebt. Wir kennen seinen Namen

    und wissen auch zusammen, dass es die Kirche ist.

Nach Oben