Familienbonus

 
von Evangelischer Pressedienst

Maria Katharina Moser fragt, was Leistung ist

Letztes Monat wurde sie besiegelt, das heißt im Nationalrat beschlossen: die Steuerreform. Breit diskutiert wurden die Reformvorhaben bereits im Herbst, besonders die CO2-Bepreisung. Andere Maßnahmen folgen der Devise: Leistung muss sich lohnen. Belohnt werden zum Beispiel Familien: Der Familienbonus wird von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind im Jahr angehoben.

Frau M. wird voll vom Familienbonus profitieren. Sie hat zwei Kinder, ihr Mann ist Beamter, sie selbst Anwältin. Weil beide Eltern berufstätig sind, kümmert sich eine Tagesmutter um die Kinder und eine Reinigungskraft um den Haushalt. Am Abend ist es dann noch wieder Frau M., die schaut, ob alles passt und die Kinder ins Bett bringt. Die Doppelbelastung sitzt ihr in den Knochen.

Frau S. hat zwei Kinder, eines davon hat eine chronische Krankheit. Für das kranke Kind findet Frau S. keinen Kindergartenplatz, weil alle ablehnen und sich die Betreuung nicht zutrauen. Die Alleinerzieherin braucht viel Zeit und Kraft für ihr krankes Kind. Sie kann nur Teilzeit arbeiten, verdient entsprechend wenig und ist fürs Überleben auf Zuzahlungen aus der Sozialhilfe angewiesen. Auf den Familienbonus hat sie daher keinen Anspruch.

Die Kinderarmut steigt. 385.000 Kinder sind armutsgefährdet. Diese aktuelle Zahl der Statistik Austria stammt just aus dem Jahr, in dem der Familienbonus eingeführt wurde. Der Familienbonus wirkt nicht armutssichernd. 160.000 Kinder profitieren überhaupt nicht davon, 300.000 können ihn nicht voll ausnützen, am meisten bekommen die reichsten 20 Prozent der Familien. Ist das gerecht? Ja, sagt die Leistungslogik: Wer einen hohen Steuerbeitrag leistet, verdient diese Steuererleichterung.

Wenn ich „leisten“ und „verdienen“ höre, denke ich an den Reformator Martin Luther. Er wollte ein tadelloser Mönch sein. Doch so sehr er sich bemüht hat, so viel er auch gefastet, gebetet und gebeichtet hat – er hatte immer das Gefühl, Gott nicht zu genügen. Bis er beim Studium der Bibel erkannt hat: Gott nimmt mich an vor aller Leistung. Ich kann und muss mir Gottes Liebe nicht verdienen. Der Gedanke scheint mir auch gesellschaftlich wichtig: Man muss nicht jede Zuwendung durch Leistung verdienen. Besonders wenn es um staatliche Zuwendungen zur Prävention von Kinderarmut geht.

Außerdem frage ich mich: Würde Frau S. die 2.000 nicht genauso „verdienen“ wie Frau M.? Leistet die eine tatsächlich so viel mehr als die andere? Was heißt Leistung? Und wer entscheidet, was als Leistung gilt?

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