BOKU-Forscher Wöss: Auch Elektroauto emittiert sechsmal so viel CO2 wie Zug

 
von Evangelischer Pressedienst

Fokus der Entwicklung nicht auf Reichweite, sondern Ladezeit

Wien (epdÖ) – Elektroautos sind aus ökologischer Sicht auf Langstrecken nicht mit Zügen konkurrenzfähig. Für individuelle Strecken kurzer oder mittlerer Länge sind sie aber durchaus eine Option – gerade weil oft diskutierte Alternativen wie Wasserstoff oder synthetische Treibstoffe zu geringe Wirkungsgrade aufweisen und damit in Summe mehr Schadstoffe ausstoßen. Das betonte David Wöss, der seit Jahren an der Universität für Bodenkultur in Wien zu nachhaltiger Mobilität forscht, bei einem Vortragsabend am Montag, 17. Jänner, im Rahmen des „Jahres der Schöpfung“, das die Evangelische Kirche für 2022 ausgerufen hat. Von den drei genannten Technologien sieht Wöss daher nur bei Elektrofahrzeugen Zukunftspotenzial für den Individualverkehr. „Bei E-Autos kommen bis zu 73 Prozent der Energie an. Bei Wasserstoff sind es nur 22 Prozent, bei synthetischen Treibstoffen gar nur 13 Prozent. Insbesondere im Individualverkehr verursacht das große Probleme.“ Aus ökologischer Sicht wichtig sei aber vor allem eine Verlagerung des Individualverkehrs aufs Zufußgehen, das Rad oder die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Car-Sharing-Angeboten. Erst dann sei das E-Auto ökologisch gesehen eine Option.

„CO2-Rucksack“ wird erst nach einiger Zeit leichter

Voraussetzung dafür, dass Elektroautos „gut“ für die Umwelt sind: Sie müssen nach ihrer Anschaffung auch bewegt werden. Durch die energieintensive Produktion von Akkumulatoren bringen E-Autos nämlich einen schweren „CO2-Rucksack“ mit sich. Im Vergleich zu einem Fahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor fahre ein Elektrofahrzeug daher erst nach rund 150.000 Kilometern einen ökologischen Vorteil heraus – abhängig von der Größe des verbauten Akkus. Mit Zügen können sie nicht mithalten, stoßen sie doch auf der Langstrecke sechsmal so viel CO2 aus. Bei Autos mit fossilen Brennstoffen ist es jedoch 15 Mal, bei Flügen sogar 29 Mal so viel.

Volkswirtschaftlich und individuell sei es aber am günstigsten, auf Elektromobilität zu setzen. Die Fortbewegung mit einem fossil betriebenen Auto koste rund 6 Euro pro 100 Kilometer. Bei Wasserstoff seien es 9,50 Euro. Elektrofahrzeuge schlügen mit 2 Euro zu Buche. „Zwar sind E-Autos in der Anschaffung meist teurer, ihr Betrieb ist aber günstiger. Im Fall von Wasserstoff sind sowohl Fahrzeug als auch Betrieb teurer.“

Wer sich für ein Elektroauto entscheide, der müsse sich auch die Frage nach dem richtigen Akku stellen. Nicht immer sei der Fokus auf die größtmögliche Reichweite die beste Wahl. Entscheidender sei vielmehr, wie schnell sich die Akkus auf Langstrecken wieder laden ließen, um bald wieder weiterfahren zu können. Daher konzentriere sich die Forschung aktuell auf diesen Aspekt – neben der Minimierung des Einsatzes von seltenen Rohstoffen wie Kobalt, Mangan oder Lithium. Wichtig sei zu bedenken, dass der gewählte Akku auch schnellladefähig sein müsse, da Schnellladestationen an Tankstellen oder öffentlichen Plätzen nach Zeittarifen abrechnen. Der größte Kostenvorteil entstehe daher beim Laden zuhause – vor allem mit eigener Photovoltaikanlage. Denn dann komme auch der ökologische Vorteil der E-Autos voll zum Tragen.

Kooperation mit Scientists for Future

Die Veranstaltung fand im Rahmen einer Kooperation mit der Initiative „Scientists for Future“ statt. „Scientists for Future“ ist ein überinstitutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. In Kooperation mit der Evangelischen Kirche in Österreich bietet „Scientists for Future“ Zugang zu einem Pool von Forschenden aus allen Disziplinen, die auch für Vorträge oder Diskussionen österreichweit zur Verfügung stehen. Gemeinden, die Diskussionsrunden oder andere Veranstaltungen zu Themen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz planen, können sich bei ihrer Suche nach Expertinnen und Experten an klimaschutz@evang.at wenden.

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