Diakonie: Jugendhilfe soll nicht mit 18 enden
Schenk: „Längere Begleitung beugt Abstürzen vor“
Wien (epdÖ) – Die schnelle Umsetzung des im Regierungsprogramm vorgesehenen Ausbaus der Jugendhilfe fordert die Diakonie Österreich. Gerade in der Coronakrise habe sich gezeigt, wie wichtig die Begleitung von Jugendlichen mit schwieriger Lebensgeschichte auch über das 18. Lebensjahr hinaus sei. „Wir wissen aus anderen europäischen Ländern, dass diese längere Begleitung stark präventiv wirkt und Abstürzen vorbeugt“, betont Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk in einer Aussendung vom Donnerstag, 12. August. Er fordert vom für Jugendagenden zuständigen Ministerium unter Susanne Raab (ÖVP) einen österreichweiten Plan vorzulegen.
Die betroffenen jungen Erwachsenen trügen ein erhöhtes Risiko, „an den Hürden des Erwachsenwerdens zu scheitern“, gibt Schenk zu bedenken. „Das hat negative Folgen für die Gesundheit, den Arbeitsplatz und die soziale Sicherheit“. In Österreich würden nach Angaben der Diakonie nur ein geringer Teil der Maßnahmen der „vollen Erziehung“ der Jugendhilfe nach dem 18. Geburtstag verlängert. Die Zahlen schwankten zudem von Bundesland zu Bundesland.
Positive Beispiele hält die Diakonie im europäischen Vergleich vor: In Norwegen gehe die staatliche Unterstützung bis zum Alter von 24 Jahren. In Deutschland könnten die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe bis 26 Jahren verlängert werden, bis 21 könne man neu in eine Unterstützung hineinkommen. In Großbritannien müsse der betroffene Jugendliche zwei Jahre nach Beendigung der Maßnahme aktiv kontaktiert werden, um zu sehen, ob Unterstützungsbedarf besteht.
Kinder warten zu lange auf Therapieplätze
Darüber hinaus kritisiert Schenk, dass es zu wenige kostenfreie Therapieplätze für Jugendliche mit psychischen Problemen und in weiterer Folge zu lange Wartezeiten gebe. 60.000 Kinder seien betroffen. „Der Zugang zu Psychotherapie muss erleichtert, Therapieangebote und psychosoziale Notdienste außerhalb der Ballungszentren ausgebaut werden. Es braucht den Lückenschluss von Psychotherapie, Physio- und Ergotherapie und Unterstützung für Kinder mit chronischen Erkrankungen.“ Zudem brauche es sozialpolitische Antworten, um Kinder nicht in prekären Verhältnissen aufwachsen zu lassen, was den psychischen Druck noch vergrößere.