Politik und Religionen bekennen sich zu Religions- und Ethikunterricht

 
von Evangelischer Pressedienst

„Beide leisten wesentliche Beiträge“ – Gemeinsame Erklärung von Minister Faßmann und Religionen

Wien (epdÖ) – In einer gemeinsamen Erklärung haben sich Bildungsminister Heinz Faßmann und Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften sowohl für Ethik-, als auch für konfessionellen Religionsunterricht ausgesprochen. Beide leisteten „wesentliche, eigenständige Beiträge zur umfassenden Erreichung der Ziele der österreichischen Schule“. Eine enge Kooperation der beiden Gegenstände sei daher ausdrücklich zu begrüßen und zu fördern. Unterzeichnet wurde die Erklärung am Montag, 7. Juni, in Wien. Faßmann dankte den Religionsvertreter*innen dafür, das Gemeinsame in den Mittelpunkt zu stellen und Trennendes beiseite zu lassen.

Hintergrund der Pressekonferenz und der nachfolgenden Erklärungsunterzeichnung: Ab Herbst 2021 gibt es für jene Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, einen verpflichtenden Ethikunterricht im Ausmaß von zwei Wochenstunden. Davon betroffen sind somit alle, die sich vom Religionsunterricht abmelden oder diesen wegen Konfessionslosigkeit nicht besuchen. Das neue alternative Pflichtfach wird in den Oberstufen von Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS) aufsteigend implementiert.

Damit werde ein ihm sehr wichtiges Anliegen verwirklicht, nämlich alle Oberstufenschülerinnen und -schüler mit ethischen Grundfragen zu konfrontieren, betonte Minister Faßmann. Er skizzierte kurz die verschiedenen inhaltlichen Ebenen der neuen Lehrpläne, die mit „Ich mit mir“, „Ich und du“ sowie „Ich und die Welt“ umschrieben werden können und grundlegende Fragen wie Identitätsbildung, Zusammenleben und Wertesysteme umfassen. Als bemerkenswert und vorbildlich hob Faßmann hervor, dass auch die mit schulischem Religionsunterricht betrauten Glaubensgemeinschaften die genannten Ebenen in ihren Lehrplänen verankern – neben einem autonomen Bereich, in dem sie ethische Grundfragen aus ihrer jeweiligen religionsspezifischen Sicht aufgreifen. Damit werde der Religionsunterricht „nicht eingeebnet“, so der Minister.

Faßmann erinnerte daran, dass sich alle Religionsgemeinschaften und auch Parteien bereits 2010 bei einer parlamentarischen Enquete zu einem zusätzlichen Pflichtgegenstand Ethik bekannten, der in Ergänzung und nicht als Konkurrenz zum Religionsunterricht zu verstehen sei. Manchen Parteien hätten dies wohl wieder vergessen, merkte der Minister kritisch an. Mit dem ab Herbst eingeführten Ethikunterricht werde nun ein vorläufiger Endpunkt erreicht – wobei schon daran gedacht sei, längerfristig auch Unterstufen-, Poly- und Berufsschüler*innen Ethikunterricht zu bieten. Die nunmehrige Regelung kommentierte Faßmann abschließend mit: „Wir bewegen uns doch – und manchmal aufeinander zu.“

In der gemeinsamen Erklärung wird betont, dass der Religionsunterricht sowie der Ethikunterricht wesentliche, eigenständige Beiträge zur umfassenden Erreichung der Ziele der österreichischen Schule leisten würden. Eine enge Kooperation der beiden Gegenstände werde daher ausdrücklich begrüßt und gefördert. Der Ethikunterricht solle Schülerinnen und Schüler „zu selbstständiger Reflexion im Hinblick auf Wege gelingender Lebensgestaltung befähigen, ihnen Orientierungshilfen geben und sie zur fundierten Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens anleiten“. In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen philosophischen, weltanschaulichen, kulturellen und religiösen Traditionen und Menschenbildern solle der Ethikunterricht einen „Beitrag zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung“ leisten.

Im Religionsunterricht verwirkliche die Schule, wie es weiter heißt, „in Form eines eigenen Unterrichtsgegenstandes in besonderer Weise ihre Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten mitzuwirken“. Abschließend heißt es, dass die Religionsgemeinschaften die Religionslehrerinnen und Religionslehrer auf diese Dimension der geltenden Lehrpläne im Sinne der angesprochenen Kooperation mit dem Ethikunterricht in entsprechender Form hinweisen werden. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung werde die Handreichungen zu den ethischen Dimensionen der Lehrpläne für den Religionsunterricht gebündelt veröffentlichen.

An der Pressekonferenz im Kuppelsaal der TU Wien nahmen neben dem Bildungsminister auch die jeweiligen Schulverantwortlichen der Kirchen und Religionen teil: Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl für die Römisch-katholische Kirche, Fachinspektor Lars Amann in Vertretung von Oberkirchenrat Karl Schiefermair für die Evangelische Kirche, Metropolit Arsenios Kardamakis für die Orthodoxe-Kirche, Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Rabbiner Schlomo Hofmeister, Gerhard Weißgrab, Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft sowie Vertreter der Aleviten und der Freikirchen. Moderatorin war die Andrea Pinz, Leiterin des Interdiözesanen Amts für Unterricht und Erziehung sowie des Schulamts der Erzdiözese Wien.

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