Kritik an Islam-Landkarte aus Evangelischer Kirche

 
von Evangelischer Pressedienst

Chalupka: „Schnell wieder vom Netz nehmen“ – Hennefeld: „Muslime als Bedrohung stigmatisiert“ – EHG: „Generalverdacht hat Wurzel in gefährlichem Halbwissen“

Wien (epdÖ) – Kritik an der von der Dokumentationsstelle politischer Islam gemeinsam mit Integrationsministerin Susanne Raab präsentierten Islam-Landkarte kommt aus den evangelischen Kirchen. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka empfiehlt Raab, die umstrittene Islam-Landkarte „schnell wieder vom Netz zu nehmen“. Zum einen sei mit der gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft der Muslime darüber kein Gespräch geführt worden; zum anderen könne die Landkarte, die muslimische Einrichtungen und Vereine teils mit Privatadressen der verantwortlichen Personen auflistet, Menschen gefährden, so Chalupka gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Auch die Evangelische Kirche würde sich „eine Landkarte verbieten, in der ihre Einrichtungen, oder gar Einrichtungen, die mit ihr nichts zu tun haben, vom Staat in die Öffentlichkeit gebracht werden“. Das Beispiel zeige, dass die Religionsangelegenheiten früher im Bildungsministerium besser verankert gewesen seien. „Das Integrationsministerium findet, so scheint es, nicht die richtige Haltung zur Religionsfreiheit.“ Eine neuerliche Ansiedlung der Religionsagenden im Bildungsministerium könne er sich vorstellen.

„Entsetzt“ zeigte sich der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld über die Veröffentlichung. „In einem islamophoben gesellschaftlichen Klima des Verdachts, der Feindseligkeit und des Hasses empfinde ich so eine Veröffentlichung als in höchstem Maße fahrlässig und extrem verantwortungslos. Ich sehe in der von Betreibern und Befürwortern gelobten Transparenz eine Einladung an Islamhasser zu Angriffen auf muslimische Einrichtungen.“ Zudem ortet er einen Eingriff in die Religionsfreiheit einer staatlichen anerkannten Religionsgemeinschaft. Dieser habe der Staat Schutz zu gewähren, anstatt ihre Mitglieder zu gefährden. Alle Muslime in Österreich würden dadurch als potenzielle Bedrohung für die Gesellschaft stigmatisiert. „Ich fordere daher die Integrationsministerin, Susanne Raab, dazu auf, dafür zu sorgen, dass diese Karte so rasch wie möglich der Öffentlichkeit entzogen wird, und sie nur den Behörden und Personen dient, die für unsere Sicherheit zuständig und verantwortlich sind.“

Die Evangelische Hochschulgemeinde Wien zeigte sich in einer Aussendung überzeugt, dass der „Generalverdacht des Staates gegen politische Ausdrucksformen muslimischer Gemeinden und Verbände seine Wurzel in einem gefährlichen Halbwissen im Bereich der Religionen hat“. Daher kritisiere man die Karte „in ihrer Idee, ihrer Erscheinungsform und ihrem politischen Kontext scharf“ und solidarisiere sich mit allen Musliminnen und Muslimen, die durch die Karte potentiell gefährdet würden. Dem Verweis der Verantwortlichen darauf, sich juristisch auf gesichertem Boden zu bewegen, hält die EHG entgegen: „Wir klagen ein politisches und wissenschaftliches Ethos ein, das festhält: Nicht alles, was erlaubt ist, ist gut.“

Die Islam-Landkarte ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Fachbereich Islamische Religionspädagogik des Instituts für islamisch-theologische Studien an der Universität Wien und der von Integrationsministerin Susanne Raab eingerichteten Dokumentationsstelle Politischer Islam. Die Universität Wien hat sich von dem Projekt distanziert.

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