Das Mittagsgebet auf YouTube wird 100
Müller-Marienburg: „Auch ein paar Wunder sind geschehen“
Wien (epdÖ) – Zum 100. Mal läuft am Mittwoch, 20. Jänner, das Online-Mittagsgebet der Evangelischen Kirche in Österreich über die Screens der heimischen Smartphones, Tablets und PCs. Gestartet war die Videoandacht auf YouTube im März des vergangenen Jahres zu Beginn des ersten Lockdowns. Sie sollte in der ersten Welle der Coronakrise, als keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden konnten, die Zuversicht der Menschen in der Ausnahmesituation stärken. „Der Schock, dass die Kirchen zu sind, war doch recht groß“, erinnert sich Mitinitiatorin Julia Schnizlein gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. „Wir mussten uns schnell überlegen, was wir tun, wenn die Menschen nicht mehr zu uns kommen können. Die Schlussfolgerung war: Wir müssen zu den Menschen kommen.“ So seien die Mittagsgebete entstanden „als eine eher traditionelle Art des täglichen Innehaltens“. Sie würden vor allem eher kirchenverbundenen Menschen einen guten Zugang zu ihrer Kirche geben, meint Pfarrerin Schnizlein.
Bis Pfingsten waren die Mittagsgebete täglich zu sehen, danach wechselte man in einen einwöchigen Rhythmus. Seitdem läuft immer mittwochs ein neues Video aus einer anderen österreichischen Pfarrgemeinde am YouTube-Kanal der Evangelischen Kirche. Der niederösterreichische Superintendent Lars Müller-Marienburg, der gemeinsam mit Schnizlein den Anstoß zum Mittagsgebet gab und innerhalb weniger Tage zahlreiche weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter für das Projekt gewinnen konnte, unterstreicht die Bedeutung von Ritualen für den Glauben. Dafür stünden auch die Mittagsgebete: „Es ist darum gegangen, dass die Menschen das Zutrauen haben: Gott ist da und bleibt da.“
Zahlen liefern direktes Feedback
Die Arbeit an den Andachten sei „eigentlich ziemlich gut gelaufen“, urteilt Müller-Marienburg. Und: „Auch ein paar Wunder sind geschehen“, zeigt er sich erstaunt. Schließlich hätten sich alle Pfarrerinnen und Pfarrer, die sonst sehr Wert auf ihren eigenen Stil legten, auf die reduzierte und strenge Form des Mittagsgebets eingelassen. Anfangs hätten jeweils über 1.000 Personen die Videos in den ersten 24 Stunden nach Erscheinen angesehen. Mittlerweile habe sich die Zahl auf etwas niedrigerem Niveau konsolidiert. Jedenfalls lieferten die Zahlen direktes Feedback: „Wir können sehen, wie Leute das Angebot annehmen, ob sie das Video nur fünf Sekunden anschauen oder bis zum Ende dabei bleiben.“ Es sei gut, Angebote daran zu messen: „Wenn etwas nicht funktioniert, lassen wir es wieder sein.“
Die anfängliche Erwartung, die Mittagsgebete würden vor allem junge Menschen erreichen, habe sich nicht erfüllt. Die Hauptzielgruppe blieben Personen über 54 Jahren, erklärt Müller-Marienburg. Um die Jungen zu erreichen brauche es daher andere Formate. Dennoch zeige diese Beobachtung: „Ältere Leute haben sich auf diesen Weg eingelassen.“ Die Mittagsgebete seien so eine Ermutigung für junge Kolleginnen und Kollegen, Neues auszuprobieren. Umgekehrt seien sie aber auch ein Anreiz „für das kirchliche Establishment, wahrzunehmen, was die jungen Kolleginnen und Kollegen dort machen und das auch wertzuschätzen als wichtigen Teil des Verkündigungsauftrags“.
Aus Anlass des Jubiläums ist ein Kurzvideo entstanden, in dem Superintendent Müller-Marienburg und Pfarrerin Schnizlein über ihre Erfahrungen mit dem Mittagsgebet erzählen:
Das Mittagsgebet wird 100 (Youtube)
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